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Diagnose: Schreibblockade

Dreimonatige Challenge
von

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9.6.2024: Dämon

Es waren nur ein paar Sekunden, in denen Steffen zögerte und Hellen schweigend betrachtete, aber diese Sekunden kamen ihr wie eine Ewigkeit vor. Sie konnte die Skepsis in seinem Blick lesen und fühlte eine Last von sich fallen, als er schließlich nickend einem Gespräch zustimmte. Sie tat es ihm gleich, wenn auch eher ihrer eigenen Überwindung zuliebe.

„Ich glaub, ich kämpf gerade gegen meine inneren Dämonen und hab Sie da mit reingezogen. Dafür möchte ich mich entschuldigen“, sagte sie und fühlte, wie ihre Nervosität wuchs. Es war nicht recht zu erkennen, was er darüber dachte. Er runzelte bei ihren Worten zwar die Stirn, aber ansonsten blieb er weitestgehend neutral.

„Übertreiben Sie nicht ein bisschen?“, ging er an ihr vorbei zur Hintertür seines Wagens und schloss sie auf, um eine Flasche aus seinem Rucksack zu holen.

„Das ist hier ein freies Land. Wenn Sie nicht mit mir sprechen wollen, ist das doch okay. Es zwingt Sie keiner dazu“, nahm er einen Schluck und musterte Hellen dabei aus den Augenwinkeln. Sie konnte ihm ansehen, dass er davon irritiert war, jetzt ihr Herz ausgeschüttet zu bekommen. Warum ging sie nicht einfach ihrer Wege und gut?

„Aber genau das mein ich ja“, setzte sie von neuem an und wischte sich schnell mit den Zeigefingern über die Augen.

„Eigentlich haben Sie ja nichts Schlimmes gesagt und ich war trotzdem sehr biestig zu Ihnen“, murmelte sie und spürte die aufkommende Verzweiflung, als Steffen sie noch immer skeptisch anschaute. Machte sie sich gerade lächerlich? Er allerdings zog nach kurzem Zögern ein Taschentuch aus der Hosentasche und hielt es ihr hin.

„Keine Sorge. Frisch gewaschen und unbenutzt“, zuckten seine Mundwinkel und Hellen schenkte ihm ein kleines Lächeln.

„Danke, aber das ist nicht nötig“, schüttelte sie leicht den Kopf, aber Steffen griff ihre Hand und legte das Taschentuch hinein.

„Ich hab noch mehr davon und bevor Ihnen gleich noch der Rotz aus der Nase läuft…“, sprach er fast beiläufig und brachte damit beide kurz zum lachen.

„Haben Sie immer eine Ladung Taschentücher auf Vorrat dabei, falls Ihnen eine Heulsuse über den Weg läuft?“, scherzte Hellen und erntete dafür einen überraschten Blick.

„Oho!“, grinste Steffen und verschränkte dann mit einer ausladenden Geste die Arme vor der Brust.

„Nein, ich würde es eher bezeichnen als: Für den Fall, dass ich eine Jungfer in Nöten treffe, der es nach einem Taschentuch beliebt“, deutete er den Hauch einer Verbeugung an und schmunzelte bei Hellens Kichern. Dann allerdings kehrte die Ernsthaftigkeit in sein Gesicht zurück.

„Na ja, aber mal Spaß beiseite. Auch, wenn jemand nett ist, heißt das nicht, dass Sie mit der Person reden müssen. Sie werden Ihre Gründe haben, warum Sie nicht mit mir sprechen wollten und das respektier ich. Von daher find ich es zwar nett von Ihnen, dass Sie sich bei mir entschuldigen wollen, aber ich seh ehrlich gesagt keinen Grund dafür. Außer vielleicht, dass mein Ego ein bisschen davon angekratzt ist, aber das ist wohl etwas, das ich selbst lösen muss“, schmunzelte er wieder und lehnte sich an sein Auto. Hellen nickte und nestele an dem Taschentuch herum. Sie kaute auf der Unterlippe. Er hatte ja recht mit dem was er sagte. Eigentlich konnte sie sich jetzt einfach umdrehen und gehen, aber trotzdem spürte sie das schlechte Gewissen und den Wunsch, mit ihm zu reden.

„Sie sind wirklich nett“, murmelte sie und er zuckte leicht die Schultern.

„Ich geb mein bestes“, witzelte er und musterte sie. Nicht aufdringlich oder anzüglich, sondern interessiert.

„Kann es sein, dass Sie jemanden zum reden brauchen?“

Hellen schaute ihn erst verdutzt an und verfiel dann in nervöses Lachen.

„Das wär schon ziemlich seltsam, wenn ich Ihnen jetzt meine Lebensgeschichte erzählen würde! Ich meine, wir sind hier mitten auf einem Parkplatz, in aller Öffentlichkeit und ich kenne Sie kaum!“, schüttelte sie energisch den Kopf, aber musste dann doch ihre Stimme mit einem Räuspern wieder beruhigen. Steffen zeigte sich davon hingegen unbeeindruckt.

„Manchmal redet sich besser mit einer fremden Person als mit jemandem, der alles über einen weiß“, schob er die Hände in die Hosentaschen und legte den Kopf leicht schief. Hellen nickte, aber dann lachte sie wieder.

„Sagen wir einfach, ich hab einige schwierige Monate hinter mir und bin wohl noch nicht wieder die Alte“, tupfte sie über ihre Augenwinkel und schluckte.

„Manchmal hat man das. Ich denke, das gehört zum Leben dazu“, antwortete Steffen und konnte Hellen die Erleichterung ansehen, dass er sich nicht über sie lustig machte.

„Jedenfalls wollte ich meine Laune nicht an Ihnen auslassen“, strich sie sich die Haare hinters Ohr und Steffen dankte ihr mit einem Nicken.

„Wissen Sie denn jetzt, was Sie für ein Regal wollen?“, wechselte er elegant das Thema und erntete ein Kopfschütteln.

„Das muss ich mir wohl noch mal durch den Kopf gehen lassen. Aber es war sehr nett von Ihrem … Freund? Dass er mich beraten hat“, meinte Hellen und nickte verstehend, als Steffen erklärte, wer Detlef war.

„Aber Sie können ihm auch selbst danken. Da kommt unser kleiner Schussel gerade angelaufen“, deutete er mit dem Kinn Richtung Eingang und grinste über Detlefs irritierten Blick.

„Oh, ich sehe meine Schwester auch grad raus kommen. Sie haben Tilo also diese komische Lampe ausgeredet?“, schlussfolgerte Hellen, als der Junge mit leeren Händen angetrottet kam und winkte ihrem Anhang zu. Zu einer Antwort von Steffen kam es allerdings nicht mehr, weil er Gelächter verfiel und Hellen damit ansteckte: Zuerst hatte Detelf sich von Hellens Winken angesprochen gefühlt und zögerlich zurückgegrüßt, um dann festzustellen, dass Judith erfreut auf ihre Schwester aufmerksam wurde und sich gleichzeitig wunderte, wer der blonde Mann war, der ihr zuwinkte.

„Was ist das heute für ein Einkauf?“, grölte Steffen und wischte sich Tränen aus den Augenwinkeln. Hellen konnte ihm nur mit einem Nicken zustimmen, weil ihr vor lauter Lachen die Puste ausging. So erleichtert und erheitert hatte sie sich schon lange nicht mehr gefühlt.

„Muss man das verstehen?“, warf Detlef einen Blick zu Judith und deutete auf die beiden. Sie schüttelte den Kopf, aber ein Lächeln umspielte ihre Lippen.

„Manchmal braucht man das“, meinte sie wissend und steuerte ihr Auto an, während Tilo sie ausfragte, was so lustig sei.

„Ich glaub, ich muss dann jetzt“, schnappte Hellen nach Luft und schaffte es endlich wieder, sich zu beruhigen. Im Gegensatz zu Steffen, der noch immer in leichtes Kichern verfiel; erst recht, als Detlef ihn auf gewohnt trockene Art fragte, ob er da Alkohol in seiner Wasserflasche habe und ihm die Autoschlüssel abnahm.

„Oh Gott, was für ein Tag!“, rieb Steffen sich das Gesicht und den Bauch. So hatte er auch schon lange nicht mehr gelacht.

„Danke, das tat echt gut!“, meinte er mit brüchiger Stimme zu Hellen, die ihm dabei nur zustimmen konnte.

„Ja“, räusperte sie sich und hielt ihm plötzlich ihre Hand hin, die Steffen verdutzt anguckte.

„Scheinbar laufen wir uns in letzter Zeit ja öfter über den Weg und vielleicht sollten wir uns dann duzen?“, meinte sie mit einem zuckersüßen Lächeln, bei dem Detlef sogleich erkannte, dass es seinen Kumpel um den Finger wickelte.



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