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366 Tage - 366 Geschichten

366 Tage Challenge 2024
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16.06.2024 - Unternehmen

“Du bist gemein! Du hast mir versprochen, dass wir am Wochenende endlich etwas zusammen unternehmen und dass du mit mir ins Stadion gehst!”

Enttäuscht sah Matteo seinen Vater an und verschränkte trotzig seine Arme vor der Brust. Schon vor Wochen, wenn nicht gar Monaten, hatte der Vierzehnjährige von seinem Vater Karten für ein Spiel seiner Lieblingsmannschaft bekommen und Holger hatte ihm versprochen, gemeinsam mit ihm dorthin zu gehen. Und jetzt brach er sein Versprechen, indem er Matteo schon wieder absagen musste.

“Es tut mir leid, mein Kleiner. Aber ich muss diesen Auftrag über das Wochenende wirklich fertig bekommen”, sprach Holger den Jungen an und bekam direkt ein Schnauben zurück.

“Immer ist dein doofes Unternehmen wichtiger. Wieso hast du mir die Karten dann überhaupt geschenkt, wenn du gar nicht erst mitkommst?”

Noch bevor Holger antworten konnte, stürmte Matteo aus dem Raum und knallte die Tür zu seinem eigenen Zimmer hinter sich zu. Seufzend fuhr sich der Ältere mit der Hand über das Gesicht. Er hatte Matteo die Karten natürlich gekauft, um gemeinsam mit seinem Sohn ins Stadion gehen zu können, aber die Arbeit als Abteilungsleiter in dem Unternehmen, dass für die Medikamentenentwicklung zuständig war, konnte er auch nicht einfach einen Auftrag ablehnen, der für das Unternehmen unglaublich wichtig war.

“Kannst du nicht einen Kollegen bitten, den Auftrag für dich zu übernehmen?”, drang nach ein paar Minuten die seiner Frau Marina zu ihm durch und Holger rang sofort mit einem tiefen Atemzug nach Luft. Er lehnte sich auf seinem Schreibtischstuhl ein wenig nach hinten und fuhr sich ein weiteres Mal mit einer Hand über das Gesicht.

“Das ist nicht so einfach, Liebling. Du weisst, wie wichtig dieser Auftrag für unser Unternehmen ist”, entgegnete er, woraufhin Marina kurz in die Richtung der Zimmertür ihres gemeinsamen Sohnes blickte.

“Natürlich, aber du weißt auch, wie wichtig es Matteo ist, dass du gemeinsam mit ihm zu diesem Spiel gehst. Du hast ihm die Tickets nicht nur zum Geburtstag geschenkt, sondern ihm auch versprochen, dass du mit ihm gemeinsam dort sein wirst. Du kannst jetzt nicht einfach absagen und erwarten, dass Matteo es einfach hinnimmt”, entgegnete Marina und trat ein paar Schritte näher, um sich auf der Schreibtischkante niederzulassen.

“Bis wann musst du den Auftrag denn bearbeitet haben?”, hakte sie nach und streckte eine Hand aus, um die ihres Mannes zu ergreifen.

“Bis Montag”, konnte sie seine einfache Antwort hören, während er über die Stelle an ihrer Hand hinweg strich, an dem sie ihren Ehering trug. Sie nickte verstehend und sah seinen Moment lang auf ihn herab, bevor sie seine Hand kurz drückte und sich ihm anschließend doch wieder entzog.

“Manchmal muss man Kompromisse schließen, die einem schwer fallen. Aber darüber hinaus sollte man niemals ein Versprechen brechen, dass man jemandem gegeben hat. Das haben wir Matteo selbst so beigebracht”, sprach sie ihren Mann an und ließ ihn schließlich einfach alleine. Sie selbst wusste aus Erfahrung, wie weh es tun konnte, wenn Versprechen gebrochen werden konnten und dieses Gefühl der Machtlosigkeit wollte sie ihrem Sohn ersparen. Zumal sie beide - Holger und sie - Matteo selbst dazu erzogen hatten, dass er sich bewusst war, dass man Versprechen nicht einfach leichtfertig gab, sondern sich auch daran halten musste.
 

Es vergingen ein paar Stunden, in denen sich Marina um das Abendessen kümmerte und Holger sich in seinem Büro verschanzte. Er hatte die Tür längst hinter sich geschlossen und Marina hielt es für besser, ihn einfach in Ruhe zu lassen. Als sie Schritte vernahm, sah sie auf und erblickte ihren Sohn im Türrahmen zur Küche.

“Das Essen ist gleich fertig, Schatz”, richtete sie sanft das Wort an ihn und bat ihn anschließend, den Tisch zu decken, damit sie gleich essen konnten. Matteo leistete den Worten sofort Folge, indem er den Tisch im Wohnzimmer für drei Personen eindeckte, ehe er wieder zu seiner Mutter in die Küche trat.

Noch bevor er überhaupt nur einen Satz an seine Mutter richten konnte, öffnete sich die Tür zum Arbeitszimmer und sein Vater erschien im Türrahmen.

“Ich habe den Auftrag an Norman angegeben”, informierte er nicht nur seine Frau, sondern auch seinen Sohn, auch wenn Matteo direkt wieder seine Arme vor der Brust verschränkte.

“Und warum auf einmal?”, wollte er wissen, denn die erste Reaktion seines Vaters hatte ihn sehr verletzt und er wollte einfach nur eine Erklärung von dem Älteren.

“Weil es wichtigeres im Leben gibt, als sich für ein Unternehmen kaputt zu schuften. Ich habe dir versprochen, mit dir zu diesem Spiel zu fahren, also werden wir das am Wochenende auch tun”, erwiderte er, woraufhin Matteo eine Augenbraue hochzog. Erst recht, als er die nächsten Worte seines Vaters vernahm.

“Was hälst du davon, wenn wir sogar schon morgen fahren? Wir könnten noch etwas in der Stadt unternehmen und uns am nächsten Tag das Spiel ansehen? Eine Übernachtungsmöglichkeit finden wir bestimmt noch.”

Etwas perplex sah Matteo zu seiner Mutter, aber als er ihr liebevolles Lächeln bemerkte, nickte er schließlich. Er war sich sicher, dass sie damit etwas zu tun hatte, obwohl er auch bemerkte, dass es seinem Vater wirklich ernst meinte.

“Aber nur, wenn du dich morgen früh nicht doch plötzlich wieder umentscheidest”, antwortete er nach ein paar Minuten und umarmte zuerst seine Mutter, der ein ein leises “Danke”, ins Ohr flüsterte, bevor er auch seinem Vater eine Umarmung schenkte. Und sich wirklich darauf freute, etwas mit ihm unternehmen zu können. Das ganze Wochenende lang.



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