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Getäuscht

Nichts ist, wie es scheint
von

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Erwischt

Itachi seufzte schwer, als er selbst müde wurde. Er wurde immer nur in Sasukes Nähe müde, immer wenn er auf ihn aufpasste. Er sehnte sich danach, sich zu seinem kleinen Bruder ins Bett zu legen und wie früher bei ihm zu schlafen. Jede Sekunde mit seinem Bruder genoss er, weil er wusste, dass der gesund und sicher war. Niemand würde seinem Bruder etwas antun können- nicht, wenn Itachi in der Nähe war. Doch nun wurde der Anbu müde, und wenn er weiter so an der Seite seines kleinen Bruders saß, würde er einschlafen. Sasuke würde ihn umbringen, sobald er wieder bei sich war, wach genug. Vielleicht. Wenn Itachi Pech hatte zumindest. Kurz nach dem Aufstehen war sein kleiner Bruder immer etwas verschlafen und verwirrt. Vielleicht würde er glauben, nur schlecht geträumt zu haben, aber wenn er sich umsehen würde wüsste er sofort Bescheid und würde zum Kunai greifen. Itachi hatte keine andere Wahl mehr, wenn er weiter auf Sasuke achten wollte: Er musste gehen. Und so beugte er sich erneut über seinen kleinen Bruder und küsste wieder dessen Stirn.

„Gute Nacht, Sasuke“, wisperte er deprimiert. „Ich komme dich wieder besuchen, keine Angst. Ich habe dich lieb.“

Damit verließ er den Raum durch das Fenster, durch das er auch schon hinein gekommen war. Die Fallen blieben unbeschädigt, keine einzige wurde ausgelöst. Sasuke schlief weiter tief und fest, drehte sich im Schlaf auf die andere Seite und kugelte sich richtiggehend ein. Itachi warf noch einen kurzen Blick auf das Kind, seinen kleinen Bruder, bevor er sich davon schlich. Sein Partner Kisame wartete sicher noch auf ihn, wie er es immer tat. Jede Nacht. Der Hoshigaki wusste nicht, was Itachi in Konoha, seinem Heimatdorf tat, aber es interessierte ihn auch nicht. Der Haimann akzeptierte die Verschwiegenheit seines Partners, auch wenn er ihm immerzu neugierige Blicke zuwarf.
 

Mittlerweile war Itachi schon fast im Uchihaviertel angekommen. Nie standen dort Wachen, denn das Tor war mittlerweile geschlossen worden. Der Bereich der Uchiha stand nun jedem Landstreicher zur Verfügung- jeder, der es wollte, könnte sich dort einschleichen, denn es wurde nur schlecht bewacht. Wer wollte auch schon in ein leerstehendes Haus einbrechen? Es gab dort nichts mehr zu holen. Itachi hatte gesehen, wie die Wertsachen aus den Häusern entfernt worden waren und dann belauscht, wie der Hokage bestimmte, alles für Sasuke an einem sicheren Ort zu verwahren. Itachi kannte diesen Ort, denn es war der Versammlungsraum der Uchiha gewesen. Tatsächlich kannte der Kage diesen Raum nur durch ihn- durch Itachi selbst. Vielleicht hätte er nichts davon sagen sollen, aber die Shinobi, die alles fortgebracht hatten, waren Anbu. Sie waren so verschwiegen wie Itachi selbst. Keiner würde Sasukes Besitz anrühren. Der ältere Bruder hatte zur weiteren Sicherheit noch Fallen aufgestellt- andere als die seines Bruders, viel bessere. Niemand konnte sie finden, der kein Byakugan oder Sharingan hatte. Sasuke würde nie Hungern müssen.

Aber diesmal waren dort Wachen. Indirekt. Ein Trupp junger Shinobi stand vor dem Tor. Die Ninja, älter als der Clanmörder, unterhielten sich. Es waren keine Wachen, aber sie konnten Itachi entdecken. Deshalb unterdrückte er sein Chakra genug, um für einen harmlosen Zivilist gehalten zu werden, und deaktivierte sein Sharingan, was er sonst selten tat. Er hatte gelernt, es sehr lange zu nutzen, solange es nicht das Mangekyo-Sharingan war.

Seine schwarzen Augen würden ihn nicht verraten, oder?
 

Es waren nicht seine Augen.

Sie waren schwarz, unauffällig, harmlos.

Aber das Kratzen in seinem Hals, das Itachi schon einige Tage störte und aus Mangel an medizinischer Versorgungsmöglichkeit ignoriert wurde, löste einen heftigen Hustenreiz aus, dem er nur schwer Herr wurde. Am Rande bemerkte er, wie er stolperte. Spürte zu deutlich, wie ihm starke Hände Halt boten.

„Geht es Ihnen gut? Beruhigen Sie sich“, war das einzige, das er wahrnahm.

Nun fiel ihm das sich-beruhigen ja um einiges leichter!

Sofort schlug er die Hand des Shinobi beiseite und sah auf. Erst als er den überraschten Blick des Mannes wahrnahm erkannte er, dass er nahezu unbewusst sein Sharingan aktiviert hatte, weil er so sehr neben sich gestanden hatte.

Itachi wusste, was das für ihn bedeutete: Flucht. Offensichtliche Flucht.

Grob stieß er die Männer beiseite und hastete auf seinen einzigen Ausweg zu- die kleine Holztür, die nie versperrt war und wie das Tor Zugang zum Viertel seiner Familie versprach. Es war nicht verschlossen, aber das änderte Itachi schnell, auch wenn er wusste, dass es ihm nur wenig half. Er packte ein herumliegendes Holzbrett, ignorierte die Blutspritzer auf diesem und verbarrikadierte so die Tür.

Er wusste, dass es Aus für ihn war. Jeder wusste, dass es nur noch zwei Uchiha gab –offiziell, wenn man Madara Uchiha, der ihm beim Morden geholfen hatte, nicht mitzählte-, und das waren nun mal Sasuke und er. Sasuke war ein Kind und um diese Zeit sicher nicht unterwegs, zudem um einiges kleiner und zierlicher. Natürlich würden diese Männer sofort die richtigen Schlüsse ziehen und ihn festnehmen wollen.

Oder, wonach sich der Tumult anhörte, auch gleich noch die Anbu benachrichtigen.

Itachi war immerhin ein Abtrünniger der schlimmsten Sorte und allemal zu mächtig für die anderen Ninja.
 

Aber er war auch sehr erschöpft. Zu lange hatte er sich den Schlaf verwehrt, um bei Sasuke sein zu können. Viel zu lange. Und der Husten kündigte sich schon wieder an. Weit flüchten würde er gar nicht können, und er wollte den Shinobi keinen Schaden zufügen. So konnte er auch nicht Kisame benachrichtigen, der beim Verstümmeln seiner Gegner kein Erbarmen kannte. Er würde niemanden schonen, und diese Männer waren wichtig für Konohas Schutz. Was Konoha schützte, schützte auch Sasuke.

Erschöpft flüchtete Itachi sich in das Elternhaus seiner toten Freundin. Es lag näher als sein Elternhaus, dem Haus seiner Großeltern oder dem von Shisui, und es war das einzige neben den anderen beiden Gebäuden und dem Tempel, in dem er sich auch auskannte. Eilig lief er die alte Treppe hinauf in das Zimmer des Mädchens, das er mehr geliebt hatte als irgendein anderes, aber nicht mehr als Sasuke.

Vielleicht hätte ich sie auch retten können, schalt Itachi sich, obwohl er wusste, dass sie für seinen Vater gewesen war. Für einen Bürgerkrieg.

Die Zimmertür war angelehnt gewesen, also lehnte Itachi sie auch lautlos an. Diesmal unterdrückte er sein Chakra gänzlich, um nicht entdeckt zu werden, und stellte sich an das große Fenster. Leise raschelte der Stoff seines Mantels, als er ein Kunai zog.

Auf dem Bett war noch die Spur zu sehen. Mit seiner Freundin hatte er angefangen, und er hatte sie gehalten, bis sie eingeschlummert war. Hatte sie in ein Genjutsu gezogen, um ihr allen Schmerz zu ersparen. Sie hatte nicht gespürt, das sie gestorben war, bis das Laken, die Decke, alles blutgetränkt und ihr zierlicher Körper kühl gewesen war.

Itachi wurde erneut übel, als er sich viel zu gut an ihren starren Blick erinnerte. Dabei hatte sie es am leichtesten gehabt, ganz im Gegensatz zu Sasuke. Der hatte seine Eltern sterben sehen, getötet durch die Hand seines Bruders- und er lebte. Er hatte jede Nacht diese Albträume.

Vielleicht hätte Itachi seinen Bruder töten sollen. Als erstes. Am schmerzlosesten. Dann seine Freundin, deren Namen er nicht einmal mehr denken konnte, weil es zu sehr wehtat.

Sasuke hätte nicht gelitten, nicht so, wie er es nun tat.

Itachi fühlte sich, als sei er der schlechteste große Bruder, den es gab. Er hatte seinen kleinen Bruder nicht schützen können. Keinen Mittelweg gefunden.

Wieso ließ er sich eigentlich nicht gleich finden?
 

Er fühlte seine Jäger ohnehin. Sie näherten sich ihm vorsichtig, durchsuchten jedes Haus. Wieso suchten sie nicht zuerst in seinem Elternhaus nach ihm? Und im Tempel? Keiner außerhalb des Clans hatte von Itachis Beziehung gewusst. Er hätte seine Freundin ohnehin nicht heiraten dürfen, sondern die Tochter eines einflussreichen, wohlhabenden Mannes ehelichen müssen. Deshalb wussten nur wenige Bescheid, und die wenigen waren bis auf Sasuke und Itachi tot. Und bis auf Madara, aber der würde seinen Nachfahren nicht verraten, wo er Konoha so sehr hasste.
 

Der Uchiha schreckte aus seinen Gedanken, als er die Nähe der Sucher spürte. Einer war schon im Haus. Gleich würden sie ihn finden.

Was sollte er tun?

Würde er fliehen, würden auch die Wachen aufgestockt werden. Nie wieder könnte er nachts nach seinem kleinen Bruder sehen. Er würde nur noch Sasukes hasserfülltes Gesicht sehen, wenn die beiden kämpfen würden.

Das wollte er nicht.

Das konnte er nicht.

Er brauchte Sasuke. Brauchte ihn schon seit dessen Geburt.

Sasuke war sein Sonnenschein. Unschuldig, wusste nichts vom Krieg.

Sollte das auch nie erfahren müssen. Wie man Krieg führte. Wie das Leben im Krieg war.

Was sollte Itachi also tun?

Er konnte sich nicht einfach in Luft auflösen, als wäre er nie dort gewesen. Und sein Sharingan würde er nicht mehr lange aufrecht halten können.

Vielleicht hätte ich doch schlafen sollen, erkannte er.

Vielleicht solltest du dich auch einfach finden lassen, erklang eine amüsierte Stimme in seinem Kopf. Itachi wagte kaum noch zu atmen, denn es war die Stimme seiner Freundin. Des Mädchens, das dort im Bett gestorben war.

Es war eine Erinnerung an Worte.

Itachi wusste nicht mehr, wann sie sie gesprochen hatte, aber sie hatte es gesagt, genau so:

Wenn du keinen Ausweg mehr hast, kannst du dich auch ohne Sharingan noch tarnen, bevor du von deinen Feinden gefunden wirst. Wie ein normaler Shinobi. Es klingt zwar bescheuert, aber diese Leute würden nie glauben, ein Uchiha würde dieses Jutsu anwenden, weil wir jeden mit unserem Sharingan manipulieren können. Das du nicht von alleine darauf gekommen bist, Wunderkind…
 

Itachi wusste es wieder.

Sie hatte es auf einer Familienfeier gesagt, als sie noch Kinder gewesen waren. Körperlich gesehen. Nach dem Krieg. Nach Sasukes Geburt. Er hatte wissen wollen, wie er sich ohne Sharingan und erschöpft und unbewaffnet verteidigen könnte, weil er diese Situation einmal im Krieg durchgemacht hatte. Damals hatte ihn nur seine schwangere Mutter vor der Entführung geschützt. Sie waren auf dem Weg in die Stadt der Uchiha gewesen. Itachi hatte das nie vergessen können- wie seine schwangere Mutter, die nur einen kleinen Bauch gehabt hatte, sich vor ihn gestellt hatte, die Gegner mit Kunai ablenkte und ihn weiter zerrte- weiter in Richtung Sicherheit, während eine Tante die Feinde mit ihrem Sharingan in Schach hielt, weil seine Mutter das nicht konnte. Sie hatte nur in den Clan eingeheiratet. Ihr Bluterbe, das Sharingan, hatten Sasuke und Itachi vom Vater geerbt.
 

Die Schritte hielten vor der Zimmertür. Itachi wusste, nun war er dran. Er würde gefunden werden. Also tat er, was seine Freundin ihm vor Jahren geraten hatte: Er nutzte ein Jutsu, das er das letzte Mal in der Akademie angewandt hatte, als es Pflicht war. Es gab keinen Knall, kein Geräusch, aber die Auswirkungen waren gelungen, wie Itachi dank des Spiegels auf der Kommode neben der Tür sehen konnte.
 

Er sah genauso aus wie sie. Wie Beniko Uchiha.

Ihren Namen zu denken, ließ sein Herz schmerzen. Es sich krampfhaft zusammenziehen. Sein Kunai fiel klappernd zu Boden, als er sich vor Pein zusammenkrümmte.
 

Im nächsten Moment wurde die Tür aufgestoßen und ein Anbu stürmte den Raum.

Itachi war gefunden worden.



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