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Zwischen Leben und Tod

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Zwischen Leben und Tod
 

Vermon
 

Eine Seuche rafft die Menschen dahin, eine Seuche die sie selbst als „weißen Tod“ bezeichnen und fürchten. Bisher war es mir gleich, die Belange der Menschen kümmerten mich nicht, doch nun sind auch wir in Gefahr. Die Seuche selbst betrifft uns nicht, doch immer mehr Menschen und somit unsere Hauptnahrungsquelle werden von ihr dahin gerafft, sodass wir gezwungen sind etwas zu unternehmen. Wir müssen diese Krankheit eliminieren und das indem wir jeden einzelnen Menschen, der davon betroffen ist auslöschen.

Unser Vorhaben gestaltet sich leichter als Gedacht, sie versammeln sich alle an einem Ort und betteln geradezu darum von ihrer Krankheit erlöst zu werden, sei es durch den Tod oder was auch immer. Es sind erbärmliche Bilder hier im Perdita-Krankenhaus, wie sie es nennen. Überall jammernde und zitternde Menschen, viele von ihnen können nicht einmal mehr aufrecht sitzen und vegetieren in ihrer Betten dahin. Aus dem Keller des Krankenhauses steigt der Geruch von Tod und Verwesung empor. Für jeden Menschen ein Schreckensbild, doch für uns ein wahres Festmahl.
 

Raja
 

Als ich hierher kam hatte ich noch die Hoffnung gesund zu werden, die Hoffnung auf Rettung. Doch nun habe ich nicht einmal mehr das. Mit jedem Tag wurde und wird es mir klarer, man kommt nicht hierher, um geheilt zu werden, man kommt hierher, um schneller zu sterben. Jeden Tag kommen dutzende neue Patienten hierher, alle gequält vom „weißen Tod“, doch mindestens genauso viele Tote tragen die Ärzte und Schwestern des Krankenhauses jeden Tag in die Gruft unter uns. Ein Anblick den ich schon gar nicht mehr ertragen kann. Die meisten der Patienten hier haben sich damit abgefunden, ja sie bitten geradezu um den Tod, damit ihre Qualen enden. Ich nicht. Ich bin nun schon fast ein Jahr hier und mit jedem Tag wird mein Leid größer, doch ich bin nicht bereit aufzugeben, ich will noch nicht sterben. Und so zermartere ich mir jeden Tag das Hirn darüber, wie ich das hier doch noch überstehen könnte, auch wenn mir insgeheim klar ist, dass ich diesen Ort nicht mehr lebend verlassen werde.
 

Vermon
 

Ich streife durch die Gänge, auf der Suche nach einem passenden „Opfer“, um meinen Durst zu stillen, als ich plötzlich ein Geräusch wahrnehme, welches aus dem Raum zu kommen scheint, der nur ein paar Schritte von mir entfernt ist. Der Raum liegt im Dunkeln und scheint auf den ersten Blick leer zu sein, bis auf das zusammengekauerte, schluchzende Wesen in der hintersten Ecke. Ein junges Mädchen, schwächlich und hilflos, genau wie alle anderen Patienten hier und doch ist etwas an ihr anders.
 

Raja
 

Ich spüre einen Blick auf mir ruhen, doch kann ich selbst nichts erkennen. Es ist zu dunkel um überhaupt die Hand vor Augen zu erkennen, so dunkel wie immer, in meinem Versteck vor der Welt. Und doch habe ich das Gefühl beobachtet zu werden, was mir einen Schauer über den Rücken jagt. Ich drücke mich gegen die Wand, am liebsten würde ich davon laufen, doch ich kann es nicht, meine Beine tragen mich schon lange nicht mehr. Mir bleibt nichts anderes übrig, als an meinem Platz zu verharren und abzuwarten, egal wie schwer es mir fällt.
 

Vermon
 

Ich kann sehen wie sie zu zittern beginnt, spüre ihre Angst. Sie weiß, dass ich da bin, sie fürchtet sich, als Einzige. Doch auch das wird bald vorbei sein, genau wie ihr nun nur noch so kümmerliches Leben.

Ich packe sie bei den Schultern und hebe sie in die Höhe, sie ist leicht wie eine Feder, ihr dunkles schulterlanges Haar hängt ihr wirr ins blase Gesicht und in ihren trüben schwarzen Augen stehen Tränen von Schmerz, Verzweiflung und Angst, als sie den Kopf hebt, um mich anzusehen.
 

Raja
 

Jemand packt mich an den Schultern und zerrt mich auf die Füße. Doch noch immer kann ich mein Gegenüber nicht erkennen. Seine Hände sind, noch kälter als die meinigen oder die abgestandene Luft hier im Raum. Ich versuche mein zittern zu unterdrücken, doch es ist zwecklos, seine Gegenwart lässt mich schaudern, schaudern vor Angst.

Er spricht mit mir, seine Stimme klingt so sanft, weich und warm und doch lässt mich dieser eine Satz von ihm zu Eis erstarren.

„Es ist Zeit zu sterben.“

„Nein“, ich schreie aus Leibeskräften, doch ist alles was man hört ein heiseres Krächzen, was er im ersten Moment nicht einmal wahrzunehmen scheint.
 

Vermon
 

Nein?, hatte sie gerade gesagt, sie will nicht sterben? Sie hat ihren Lebenswillen also noch nicht verloren, im Gegensatz zu allen anderen hier. Was für ein einfältiges Ding, weiß sie denn nicht, dass sie keine Wahl hat, sie wird sterben, so oder so.

Ich löse meine Griff um ihre Schultern, woraufhin sie zu Boden sinkt, wo sie, noch immer wimmert, liegen bleibt.

„Bitte, ich will nicht sterben. Alles was ich will ist hier weg und leben zu dürfen.“

Sie ist wirklich töricht, klammert sich an ihr armseliges Leben, wo sie doch keine Zukunft mehr hat.
 

Raja
 

Ich liege auf dem klammen Boden, mein Gesicht in meinem zerzausten, tränennassen Haar verborgen und noch immer spüre ich seinen Blick auf mir ruhen. Ich versuche mich aufzurichten, vergebens, mir fehlt die Kraft dazu. Doch was soll ich tun, hier liegen bleiben und sterben? Nein, das will ich nicht, auch wenn mir mein einziger Wunsch immer mehr als zuviel verlangt erscheint.
 

Vermon
 

Wie ein Häufchen Elend liegt sie vor mir auf dem schmutzigen Boden und versucht vergebens sich aufzurappeln. Sie begreift nicht, dass ihre Lage aussichtslos ist. Ich bin nicht mehr gewillt, ihr Jammerbild länger mit anzusehen, wende mich zum Gehen. Ich bin schon fast an der Tür als mich ihre dünne, dem Brechen nahe Stimme dazu bewegt, mich noch einmal umzudrehen. Die Worte, die sich den Weg über ihre blassen, rissigen Lippen bahnen lassen selbst mich staunen.

„Bitte helft mir, ich weiß, ihr könnt es!“
 

Raja
 

Ich bin erschrocken über meine eigenen Worte. Wieso habe ich das gesagt, ich kenne diese Person doch nicht einmal, woher will wissen, dass er mir helfen kann. Was ist es was mich dazu bewegt, so etwas zu sagen, Angst, Verzweiflung oder die geheimnisvolle Aura, der von ihm auszugehen scheint? Ich weiß es nicht. Doch noch mehr als meine eigenen, unbedachten, Worte erschrecken mich die seinen, als sie mich aus meinen Gedanken reißen.

„Du hast Recht, ich kann dir helfen, doch nur, wenn du auch bereit bist, den Preis dafür zu zahlen.“



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