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Persona 4: Adachi

von

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Schmach und Mord

Auffälliges Verhalten war der lächerliche Grund gewesen, warum Adachi Tohru in die ländliche Kleinstadt Inaba versetzt worden war. Noch immer grämte er seinen Ex-Kollegen, die ihn damals aufgrund einer Lappalie angeschwärzt hatten. Nun saß er seit einigen Monaten in dieser Einöde fest und drohte sich beinah zu Tode zu langweilen.

Die Polizeistation war ein Witz. Adachi hatte zuvor in einer Großstadt gelebt und war nicht daran gewöhnt, stets dieselben Gesichter zu sehen und als Detektiv lediglich kleine Ladendiebstähle oder unwichtige Verkehrsunfälle aufzudecken. Es frustrierte ihn.

Der Mann, dem er zugeteilt worden war, hieß Dojima Ryotaro und seit dem ersten Tag behandelte dieser Adachi wie einen trotteligen Anfänger und erlaubte sich somit, mit ihm willkürlich zu verfahren.

Im regnerischen Inaba war ein kleiner Tumult ausgebrochen, als die lokalen Klatschspalten gehässig die Affäre der Nachrichtensprecherin Yamano Mayumi mit einem Beamten der Stadt namens Namatame Taro, Ehemann einer bekannten Enkasängerin, ausgeplaudert hatten. Das Fräulein Yamano war, genau wie ihr Liebhaber, auf der Stelle ihre Arbeit los und fiel im Angesicht der Gesellschaft, stieg jedoch in der Beliebtheitsskala, was die Einschaltsquoten betraf.

Kurz nachdem ihre Affäre bekannt geworden war, war Yamano einige Tage in ihren ursprünglichen Heimatort Inaba gereist und wohnte solange dort im Gasthaus Amagi.

Yamano Mayumi war Adachi schon im Fernsehen aufgefallen. Sie hatte ein zierliches jedoch gleichzeitig weibliches Gesicht. Der kurze Haarschnitt verlieh ihm zusätzlich einen frischen, mädchenhaften Eindruck. Ihre Bewegungen waren würdevoll und elegant. Eines Nachmittags hatte Adachi sie zufällig in der Innenstadt gesehen und sein Interesse an ihr wurde umso größer. Er wusste, dass sich die Frau im Amagi befand und beschloss einen Plan zu entwickeln. Er würde seine Position ausnutzen und ihr sagen, dass er von der dortigen Polizeistation beauftragt worden war, sie vor sensationslüsternen Paparazzi zu bewahren.

Das Gasthaus war ein traditionell japanisches Gasthaus und der Stolz der Stadt. Es besaß sogar die beliebten heißen Quellen und Adachi fragte sich, ob er es schaffen konnte, einen Blick auf Yamano-san zu werfen, sollte sie sich beschließen zu baden.
 

Im Gasthaus angekommen, bat er die Rezeptionistin Yamano-san rufen zu lassen. Stolz auf sein Privileg als Detektiv beinah alles bezwecken zu können, setzte er sich ungeduldig auf die Couch in der Lobby und wartete auf sie.

Ihre vollen Lippen hatten Adachi sofort auf unanständige Gedanken gebracht, als er sie zum ersten Mal gesehen hatte und nun saß er dort und führte jene Gedanken fort. Vor seinem inneren Auge begann er Yamano-san zu verführen, zog die sich zum Schein Wehrende aus, fasste zwischen ihre Schenkel… Was wollte so eine Frau eigentlich mit diesem Idioten Namatame? Adachi hatte sein Bild im Fernsehen gesehen und verstand nicht, was die Nachrichtensprecherin an ihm fand. Er war eifersüchtig und aufgrund seiner phantasievollen Gedanken, war seine Erregung umso größer. Die Dame würde ihm sicherlich nicht widerstehen können. Er würde ihr zeigen, was ein echter Mann alles mit ihr machen könnte und sollte sie sich tatsächlich nicht seinem Willen fügen, war es ihm auch gleich. Es wäre ohnehin nicht das erste Mal, dass er eine Frau zum Sex zwang.

Etwas verwirrt kam Yamano Mayumi kurze Zeit später aus ihrem Zimmer und Adachi führte die Frau in einen abgetrennten Teil der Lobby, an dem er mit ihr ungestört sein konnte. Lediglich ein großer Fernseher und eine Couch befanden sich dort.

»Ist irgendwas passiert? Sie sind von der Polizei wurde mir gesagt, wollen sie etwas von mir?«

Der Ausdruck ihrer argwöhnenden Augen, ihr leicht geöffneter Mund, mit den roten schönen Lippen, ihre gerunzelte Stirn entzückten Adachi. Er machte einige Schritte auf sie zu und machte Anstalten sie an den Schultern zu packen.

»Es ist nicht wahr, was sie in den Nachrichten sagen, oder? Dass sie etwas mit diesem Namatame haben.«

»Was zum… Was geht sie das an?«, Yamano wich zurück auf den Fernseher zu.

»Aber was haben sie denn? Sagen sie mir bloß nicht, dass dieser Namatame es ihnen besorgen konnte. Dass es stimmt, was sie alle sagen.«

Yamano blickte ihn entsetzt an. Sie war starr vor Angst. Adachi bückte sich zu ihr vor, umfasste ihre Brust und flüsterte ihr zu: »Gib’s zu, du Schlampe stehst doch drauf. Du bist genauso eine wertloses Miststück wie alle Anderen.«

Sofort löste sich ihre kurze Starre. Sie schlug seine Hand von ihr ab.

»Fassen sie mich nicht an, sie Abschaum!«, ihre Stimme war beinah schrill. Sie begann auf Adachi einzuschlagen und gleichzeitig unmerklich weiter zurückzuweichen. Plötzlich änderte sich sein Ausdruck. Er war beleidigt und fühlte sich verletzt. Was hatte diese Yamano nur für ein Problem mit ihm?

»Sei still! Sei still! Sei still! Ich werde dich fürchten lehren!«, wütend schubste er sie und auf einmal verschwand sie im Fernseher.

Verdattert starrte der junge Detektiv auf den dunklen Bildschirm, durch den Yamano Mayumi vor wenigen Sekunden verschwunden war. Dann begann er zu lachen und erinnerte sich. Vor einigen Wochen hatte er eines Nachts zufällig, an den Bildschirm seines Fernsehers gefasst, wobei seine Hand plötzlich im Fernseher steckte. Der Bildschirm hatte zu flimmern begonnen und Wellen geformt. Er war nicht mehr hart, nicht mehr aus Glas. Es war, als würde er in Wasser tauchen. Nein, in eine höhere Viskosität und doch in etwas Leichteres. Er konnte es nicht wirklich beschreiben, da er es selber nicht ganz verstand. Schließlich hatte Adachi amüsiert seine Hand zurückgezogen und sich zu fragen begonnen, was dies für eine Gabe war, ob sein Fernseher eine Art Schwelle, ein Portal in eine Anderswelt wie in jenen Fantasyfilmen war. Diese Gabe funktionierte also auch mit anderen Fernsehern. Er war überrascht, dass er ganze Menschen hineinstoßen konnte und fragte sich, was mit Yamano passiert war; wo und ob sie sich überhaupt gerade irgendwo befand.

Ehe ein Verdacht bezüglich Yamanos Verbleib aufkommen konnte, verließ er das Amagi schnell und ging in Gedanken versunken heim.

Als er daheim angekommen war, setzte er sich im Dunkeln vor seinen Fernseher und fragte sich, ob die Möglichkeit bestand, Yamano irgendwo zu sehen. Er starrte auf den dunklen Bildschirm. Nichts. Er zappte durch alle Programme. Keine Auffälligkeiten. Er fasste in den Fernseher, steckte seinen Kopf hinein, doch er sah nichts außer riesigen, leeren Raum.

Enttäuscht lehnte er sich wieder zurück. Seine Neugier war unbefriedigt und seufzend schaute er aus dem Fenster in die Dunkelheit. Der Regen prasselte und Nebel begann die Stadt zu umhüllen. Die Ziffern der Digitaluhr zeigten vier rote Nullen an. Es war Mitternacht. Adachi entsann sich an die schwachsinnige Legende des Mayonaka TVs die er kurz nach seiner Ankunft von jemandem gehört hatte. Es regnete, es war Mitternacht, sein Fernseher ausgeschaltet. Vielleicht würde ja nun sein Seelenpartner erscheinen. Mit einem Lachen versuchte er diese irrsinnigen Gedanken zu vertreiben, als ein seltsames Rauschen ertönte. Der Fernseher strahlte ein grünliches Licht aus und schemenhaft war eine weibliche Gestalt zu erkennen.

»Unmöglich…«, Adachi eilte zum Fernseher und versuchte angestrengt die Gestalt zu erkennen. Dann wurde sie klarer. Es war Yamano Mayumi. Sie befand sich in einem Raum, wahrscheinlich einem Schlafzimmer. In der Mitte des Raumes stand ein Stuhl, darüber hing ein Seil mit einer Schlinge. Die Wände waren voll mit Postern einer Person, deren Gesicht ungeschickt ausgeschnitten worden war.

Yamano kniete am Boden und stach mit einer Schere wie der Raserei verfallen, auf eines der Poster ein. Plötzlich schaute sie erschrocken in die Kamera. Ihr Körper begann sich seltsam zu krümmen, als würde sie Schmerz empfinden. Kreischend fasste sie an ihren Kopf. Die Krämpfe wurden stärker. Ihre gellenden Schreie bescherten Adachi eine Gänsehaut. Er wandte den Blick ab. Dann verstummte sie. Der Bildschirm war wieder so schwarz wie immer. Er wartete noch eine Weile, aber Yamano kehrte nicht zurück.
 

Am nächsten Morgen weckte das Telefon Adachi. Es war Dojima, der ihm befahl, sofort aufs Revier zu kommen, da in der Innenstadt die Leiche einer Frau entdeckt worden war. Eine Leiche versprach endlich ein wenig Spaß in die triste Leere dieser Einöde zu bringen und somit machte sich Adachi erfreut auf den Weg.

Bei der Frauenleiche handelte es sich um Yamano Mayumi. Sie hing kopfüber an einer Fernsehantenne.

»Wer zur Hölle schleppt eine Leiche da hoch? Und dann auch noch unbemerkt,« fragte Dojima entgeistert und ließ den staunenden Adachi zurück, als er sich vom Tatort entfernte. Mit offenem Mund starrte Adachi die Leiche auf dem Dach an. Ihre entblößten Schenkel, ihr schreckgeweiteter Mund, ihre weiße Haut. Er hatte Mühe sich nichts anmerken zu lassen. Gepaart mit Euphorie und Schrecken, machte sich eine Übelkeit in ihm breit. Er verließ laufend den Tatort, an Dojima vorbei und übergab sich in ein Blumenbeet an der Kreuzung.

»Adachi, du Vollidiot!« fuhr Dojima ihn an. »Hör endlich auf, dich wie ein Anfänger zu benehmen oder ich schicke dich zurück zur Polizeistation!«

Dojima stand bei drei Jugendlichen, die gerade vorbeigekommen waren. Ein Junge mit seltsam grauen Haar und zwei Mädchen. Eine mit kurzem Haar und eine zweite schöner und edler wirkend, mit langem schwarzen Haar. Dojima schien sie zu kennen, da er sich mit ihnen unterhielte.

»Tut mir leid, Dojima-san.«

»Wasch dich und reiß dich zusammen! Wir haben hier noch Arbeit zu erledigen«, entgegnete dieser seinem jüngeren Assistenten seufzend und ging zurück zum Ort des Verbrechens.

Adachi wartete noch einen Moment bis sein Magen sich beruhigt und er die drei Jugendlichen genug inspiziert hatte. Er wunderte sich, warum ihm schlecht geworden war. Es war nicht etwa der Anblick der Leiche, sondern eher die Überraschung die ihm unterbreitet worden war. Vermutlich bedeutete es für einen Menschen den Tod, wenn er in den Fernseher gestoßen wurde. Aber wieso befand sich die Tote dann hier und nicht in der Anderswelt? Vielleicht war sie ja aus dem Fernseher entkommen und auf dem Weg zum Amagi wurde sie zufällig Opfer eines Verbrechens. Adachi hatte keine Antwort auf seine Fragen. Er musste es erneut ausprobieren und das Ergebnis abwarten.

Am darauffolgenden Abend zeigten die lokalen Nachrichten ein Interview mit einer Schülerin, welche die Leiche von Yamano Mayumi gefunden hatte. Zu Anonymitätszwecken hatten sie die Stimme des Mädchens verzerrt sowie ihr Gesicht zensiert. Adachi wusste durch seine Arbeit jedoch, dass es sich um Konishi Saki handelte. Das Mädchen war früher von der Schule nach Hause gegangen - sie hatte wohl geschwänzt - und auf dem Weg hatte sie die unglückliche Nachrichtensprecherin entdeckt. Saki war die Tochter des Besitzers eines Spirituosenladens in der Innenstadt Inabas, weshalb der Tatort auf ihrem Heimweg lag.

Adachi hatte sich am nächsten Tag darum bemüht, das Mädchen befragen zu können. Es war natürlich nur eine Routinebefragung, aber es hätte gut möglich sein können, dass sie etwas wusste, was ihn in Schwierigkeiten bringen konnte, zumal er sie an jenem Morgen mit diesem Namatame am Samegawa Flussufer gesehen hatte. Was hatten nur alle mit diesem Namatame?

Er war also allein im Raum mit dieser blutjungen Schülerin und er konnte nicht anders, als sich überlegen fühlen, stand doch auch in diesem Raum ein Fernseher. Jung war sie, aber gleichzeitig reif. Das hatten diese Jugendlichen so an sich. Sie war siebzehn oder achtzehn, also eigentlich schon erwachsen. Doch anders als Yamano, besaß Konishi noch diese betörende Unschuld.

Nachdem er ihr einige obligatorische Fragen gestellt hatte, begann Adachi die Schülerin zu mustern. Sie hatte schulterlanges, gewelltes hellbraunes Haar. Eine weitere Angewohnheit dieser Jugendlichen, sich ihre Haare zu bleichen. Ihre Augenbrauen waren übertrieben gezupft, die Enden fehlten völlig. Aber dies verlieh ihr etwas Reizendes. Yamano hatte Adachis Stolz verletzt und er wollte sich nun anhand dieses Mädchens beweisen. Die hemmungslosen Jugendlichen waren ohnehin einfacher rumzukriegen, als frigide, ehebrecherische Weiber.

»Ich sah dich heute mit Namatame. Du schienst dich ja sehr gut mit ihm zu verstehen.«

Er schritt auf sie zu und als er sie an den Armen packte, riss Saki sich los und verpasste ihm eine Ohrfeige.

»Oh, ich bin also nicht gut genug für dich, ja? Nun, das wirst du mir büßen.«

»N-nein, lassen Sie mich los,« bat Saki ihn fast wimmernd. Ihre Augen füllten sich mit Tränen und die Panik in ihrem Gesicht erregte Adachi umso mehr. Er packte sie, führte sie zum Fernseher. Sie krallte sich an seinen Oberarmen fest und versuchte ihn aufzuhalten, als ahnte sie, was er vorhatte. Adachi grinste hämisch. Nackte Furcht stand in den Augen des Mädchens und vor Angst zitterten ihre Knie so sehr, dass sie gegeneinanderschlugen. Dann stieß er auch sie hinein.

Es war viel einfacher als mit Yamano. Die Schülerin war leichter und zierlicher, er konnte sie hochheben und in den kleinen Fernseher werfen. Adachi war wütend, dass ihn dieses kleine Miststück ebenfalls verschmäht hatte. Dieser Namatame war im Stadtrat ein hohes Tier und verdiente womöglich ungeheuerlich viel Geld. Dieses habgierige Weibsstück war sicher, genau wie die Nachrichtensprecherin, nur auf sein Geld aus gewesen. Sie hatten es beide nicht anders verdient. Was Adachi mit Konishi und Yamano getan hatte, empfand er als seine Rache. Rache dafür, dass er in dieser elenden Kleinstadt gelandet war. Er sollte eigentlich zu den Besten gehören, deswegen hatte er ein Leben lang gelernt und geübt. Stattdessen war er hier. Aber nun hatte er diese Gabe. Diese Gabe würde ihn von seiner Langeweile befreien und ihn endlich erfüllen.

Noch einmal ging er zum Fernseher und hielt seinen Kopf hinein. Er blickte zwar in völlige Dunkelheit, so wie zuvor, und er wusste nicht ob Konishi ihn hören konnte, aber er rief dennoch: »Knie vor mir und bettel um Erlösung! Vielleicht erbarme ich mich ja deiner«, lachend zog er sich wieder zurück.

Als würde das jemals passieren. Als ob er sich so einen Spaß entgehen lassen würde. Wenn auch diesmal die Leiche dieses Mädchens gefunden werden würde, so wäre es besiegelt. Dann hätte Adachi tatsächlich die Gabe willkürlich über Menschenleben zu verfügen. Aber es war gefährlich. Niemand hatte ihn bisher wegen Yamano verdächtigt und niemand hatte ihn nach Konishis weiteren Verbleib gefragt. Er hatte gesagt, er hätte sie ganz gewöhnlich aus der Befragung entlassen und hatte den Übrigen Papierkram erledigt. Aber wenn er weiterhin Menschen verschwinden lassen würde und jemand ihn mit den Opfern in Verbindung brächte, wäre er nicht nur seinen Job los. Aber er konnte doch nicht einfach aufhören, sonst wäre der ganze Spaß vorüber. Ach, was war das bloß für ein Dilemma!

Er begann über eine Lösung seiner Zwickmühle nachzudenken, während er auf den Mayonaka TV wartete. Genau wie die letzten Nächte, regnete es wieder und genau wie damals mit Yamano, erschien um Mitternacht ein Bild im Fernsehen.

Ein Getränkeautomat war auszumachen. Adachi erkannte, dass es sich um diesen Spirituosenladen, der Konishis Familie gehörte, handelte. Dann trat Saki ins Bild. Es sah aus, als würde sie tanzen. Sie drehte sich im Kreis, hüpfte auf und ab und schließlich begann sie sich genau wie Yamano zu krümmen und in Schmerzen zu winden. Adachi lachte erfreut auf. Es ging alles nach Plan. Und morgen früh würde auch die Leiche dieses Mädchens gefunden werden.

So war es auch. Anders als Yamano Mayumi hing Konishi Saki kopfüber an einem Telefonmast. Während sich auf dem Polizeirevier Unmut ausbreitete, denn der Verdacht eines Serienmörders kam auf, war Adachi umso euphorischer. Es hatte sich bestätigt: Der Fernseher konnte Menschen töten. Adachi konnte ihnen das Leben nehmen, ohne sich wirklich die Hände schmutzig zu machen. Aber er empfand sich selbst nicht als Mörder, er tötete die Menschen ja nicht. Irgendetwas im Fernseher war es, das tötete.

Die Gerichtsmediziner konnten genauso wie bei Yamano die Todesursache nicht feststellen. Es war keine Strangulation, die Leichen wurden post mortem zu ihren Fundorten gebracht. An den Leichen waren keine auffälligen Spuren auszumachen. Die Forensiker entdeckten weder fremde DNA, noch Gewalteinwirkung. Es war medizinisch gesehen unklar, ob die beiden Frauen überhaupt einem Mord zum Opfer gefallen, oder eines natürlichen Todes gestorben waren. Unklar war auch, wer die beiden Leichen nach Todeseintritt transportiert hatte.

Nicht nur die Polizei sorgte sich, die ganze Stadt war in Aufruhr. Die Medien verbreiteten noch mehr Schrecken und Adachi war noch mehr entzückt. Allein sein Verdienst war es, dass all dies geschah. Die Angst in jedem der Einwohner war sein Erzeugnis. Was für eine Wonne. Nichtsdestotrotz bestand noch immer die Furcht in ihm, entdeckt zu werden. Ihm musste etwas einfallen, um seine eigene Sicherheit mit seinem Vergnügen zu kombinieren.

Lange dachte er nach, als das Telefon plötzlich klingelte und ihn aus seinen Gedanken riss. Die Nacht war schon längst angebrochen, aber Adachi befand sich noch immer auf dem Revier. Bedingt durch die Morde gab es mehr zu tun und stündlich rief jemand an, der sich für den Mörder hielt, oder den Mörder zu kennen, vorgab. Auch bei diesem Anruf handelte es sich sicherlich um so einen Telefonstreich.

»Polizeirevier Inaba. Sie sprechen mit Adachi Tohru,« meldete sich dieser gelangweilt.

»Guten Abend. Mein Name ist Namatame Taro.«

Namatame? Etwa derselbe Namatame, der in Verbindung zu den beiden Toten stand?

»Ich habe ein Anliegen bezüglich der beiden Morde«, die Stimme am anderen Ende klang erschöpft und verzweifelt. »Ich weiß, es klingt verrückt, aber ich habe den Verdacht, dass sobald ein Einwohner Inabas im Fernsehen - zum Beispiel den Nachrichten - erscheint, er plötzlich verschwindet und am nächsten Tag im Mayonaka TV auftaucht. Das ist diese örtliche Legende, aber sie stimmt tatsächlich! Mayumi und dieses Mädchen sind beide auf dem Bildschirm erschienen! Und beide sind sie gestorben! Ich hatte mit ihr gesprochen, aber sie hörte nicht hin… Es muss eine Verbindung zwischen dem Fernseher und den Verschwundenen bestehen. Und jetzt sehe ich dieses Mädchen im rosanen Kimono auf dem Bildschirm. Sie war heute in den Nachrichten. Es ist genau dasselbe. Sie müssen sie retten, das ist ihre Pflicht! Ich bitte Sie!«

Adachis Augen verengten sich. Es bestürzte und mokierte ihn, dass Namatame Kenntnis über den Mayonaka TV besaß und den Sender zudem zu verfolgen schien. Dies würde bedeuten, dass auch andere Zugriff auf diesen Sender hatten. Auf dieses Wunder, was er entdeckt zu haben glaubte. Andererseits hieß es, dass die Öffentlichkeit an der seltsamen Anderswelt teilhaben konnte und die Panik in Inaba schon bald das höchste Maß erreichen würde. Bislang waren jedoch – abgesehen von Namatame – keine weiteren Zeugen des Mayonaka TVs aufgetreten.

»Namatame-san, das ist… nun ja… lächerlich. Sie haben sicherlich viel durchgemacht die letzten Tage. Daher spielt ihre Fantasie wahrscheinlich verrückt«, plötzlich kam Adachi eine Idee. »Aber es klingt interessant, wissen Sie. Sie wollen sie retten, hm? Das klingt beinah nach einem Messias-Komplex!«, Adachi lachte. »Haben sie jemals davon gehört? Vielleicht können ja tatsächlich nur sie diesen Leuten helfen. Schutz, Asyl… In einer anderen Welt vielleicht? Warum versuchen sie es nicht einfach? Sie könnten sie ja irgendwo verstecken. Dort wo niemand anders sie finden könnte. An einem Ort, an den niemand denken würde… Wie dem auch sei, ich habe zu tun. Guten Abend.«

Mit diesen Worten legte Adachi auf und hoffte, dass seine Andeutungen Erfolg hatten. Vielleicht hatte er ja solches Glück und Namatame käme auf die Idee, die Personen selber in einen Fernseher zu werfen. Es war kaum zu fassen, was für eine glückliche Fügung dies war. Von allen Mitarbeitern des Reviers war Adachi es selbst, der Namatames verzweifelten Anruf entgegengenommen hatte. Es war gerade zu lächerlich. Namatame der Retter. Verfechter des Guten. Zu komisch! Die Wahrscheinlichkeit, dass dieser Schwachkopf auf die Idee mit dem Fernseher käme, war gering. Zunächst einmal müsse er über Adachis Gabe verfügen und von der Welt innerhalb des Mayonaka TVs wissen, denn was sonst würde den Mann schon dazu bewegen, Frauen gerade in einem Fernseher zu verstecken. Aber wer weiß?

Erneut bedeute es also abwarten und hoffen, dass die Dinge sich zu seinen Gunsten wenden würden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  XV-Atelier
2009-12-20T02:33:40+00:00 20.12.2009 03:33
huhu^^
ich bin auch ein sau großer P4 Fan
ich liebe das spiel
und deine FF dazu ist echt klasse...
damit zeigst du mir noch mehr, dass ich Adachi nicht leiden kann da du ihn gelungen erklärst und ich mir mehr vorstellen kann warum und wie er handelt

schade finde ich, dass du das mit Izanami nicht einbezogen hast...
dazu hätte man auch einige gedanken schreiben können

gruß Memories-Soul
Von:  WhiteBlood
2009-12-07T18:35:34+00:00 07.12.2009 19:35
Ich finde es ist klasse gemacht, und hoffe wirklich das es bald weiter geht <3!!
Von: abgemeldet
2009-12-03T19:01:06+00:00 03.12.2009 20:01
> Die hemmungslosen Jugendlichen waren ohnehin einfacher rumzukriegen, als frigide, ehebrecherische Weiber.

Ich kann mir genau diesen Gedanken so verdammt gut in Adachis krankem Köpfchen vorstellen!


Aber von vorne:
Ich mag P4 :D
Und ich liebe Adachi! Ich fand ihn von Anfang an toll, auch wenn es mir da ging wie dir und ich früh offensichtlich fand, dass er wohl kaum dieser trottelige Cop sein kann, der er vorgibt zu sein.

Mir gefällt deine FF, vor allem auch, wie du die Dialoge teilweise übernommen und Adachis Gedanken dazugeschrieben hast.

Was ich schade finde, ist, dass du das Telefonat zwischen Namatame und Adachi beziehungsweise auch Adachis Gedankengänge in Bezug darauf recht kurz gehalten hast, das Gespräch war mein persönliches Adachi-Highlight xD~

Aber ansonsten - Daumen hoch ^___^b


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