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Children of Elements

Buch I - Freundschaft
von

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Der Beginn einer ungewöhnlichen Freundschaft

Jemand schlich durch den Wald, tief gebückt, den trockenen, von Blättern bedeckten Boden absuchend.

Bei jedem Schritt raschelte das Laub.

Obwohl es ein schöner, warmer Herbstmittag war, fror der etwa zwanzigjährige Junge unter den mächtigen Ästen der gewaltigen Bäume.

Er ärgerte sich anscheinend über etwas, denn er murmelte zornig vor sich hin.

„ ‚Du bist noch zu jung Fynn, fast noch ein Kind. Du hast ja noch nicht einmal Haare auf dem Kinn. Vielleicht darfst du nächstes Jahr mit auf die Jagd.’ Denen werde ich’s zeigen! Von wegen zu jung! Ich bin nicht jung!!“

Er unterbrach für einen Augenblick seine Suche und strich sich über das Kinn. Dann schnaubte er wütend auf. Was konnte er dafür, dass die Haare einfach nicht wachsen wollten? Er dachte voller Neid an seinen, fast drei Jahre jüngeren Nachbarn, der jedes Mal stolz sein, von Haaren übersätes Kinn reckte, wenn er Fynns Blick bemerkte.

„Blöder Hund“, knurrte dieser.

Er würde es Allen zeigen! Er konnte viel besser Spuren lesen, als die Männer, die ab und zu durch das Dorf ritten, auf der Jagd nach ihrer Beute.

Sie verfolgten sie durch das ganze Land, wenn es sein musste. Das konnte mehrere Mondperioden dauern. Und wenn sie in ihre Dörfer, Städte und Burgen zurückkehrten, wurden große Feste für die Heimkehrer gefeiert, und da war es egal, ob die Jagd erfolgreich war, oder nicht.

Der Junge setzte seine Suche fort. Nach einer Weile kniete er sich plötzlich hin und schob etwas Laub beiseite.

Da waren sie ja! Er hatte die Spuren erst gestern auf der Suche nach Pilzen gefunden.

Zufrieden stellte er sich wieder hin und klopfte sich seine Hose aus groben Leinen aus.

Hätten die Anderen ihn mitgenommen, hätte er sie in sein Geheimnis eingeweiht.

‚Selbst Schuld’, dachte er und grinste breit.

Dann folgte er den Spuren, die, wenn man sie erst einmal entdeckt hatte, gut zu sehen waren.

Er ging den Eindrücken im Boden nach, bis er am Fuße des Berges war, den er von seinem Dorf aus schon den ganzen Tag lang beobachtet hatte.

‚Wenn er weggeflogen wäre, hätte ich ihn gesehen. Er versteckt sich noch irgendwo da oben’, dachte sich Fynn.

Aber er wusste, dass es längst nicht so einfach war.

Sie wurden überall gejagt, aber sie zu fangen, zu erlegen oder auch nur zu sichten war schwierig, denn es waren sehr intelligente Wesen. In den alten Geschichten hieß es, dass sie sogar eine Art eigene Sprache haben. Sie ließen sich nicht von ihren Instinkten leiten, wie die Tiere, sie waren schlau.

„Aber ich kriege dich“, sagte der Junge leise.

Er sah in die Richtung, in die die Spuren führten. Sie führten direkt zum Berg. Dort würde es schwer werden, die Spuren würden nicht mehr deutlich sichtbar sein, wie die tiefen Eindrücke in der weichen Walderde. Er würde auf andere Indizien achten müssen, wie abgebrochene Äste, oder eingedrücktes Gras.

Und das Schlimmste: er würde sich nicht sicher sein können, ob diese Spuren von seiner Beute oder von anderen Tieren stammen. Erschwerend würde hinzukommen, dass er sehr leise sein müsste, denn dort in den Bergen gab es keine Bäume, die mit ihren rauschenden Blättern seine Schritte, und keine unsichtbaren Tiere, die mit ihren Stimmen seinen Atem und das Rascheln seiner Kleidung übertönen würden.

Er konnte nur vermuten, wo seine Beute hinwollte. Aber er hatte so eine Ahnung, wo sie sein könnte.

Wenn er nicht aufpasste, würde er sie ungewollt warnen, und sie würde verschwinden, bevor er sie auch nur zu Gesicht bekäme.

Er kauerte sich hinter einen Baum und beobachtete den Berg noch eine Weile, bis ihm die Sonne in den Rücken schien und der Fuß des Berges in den Schatten des uralten Waldes getaucht war.

Dann schlich er leise und vorsichtig los.

Als er an einem Busch vorbei kam, hielt er einen Augenblick, betrachtete ihn genauer und schlich dann weiter.

Etwas musste hier vorbeigekommen sein. Fast alle Beeren des Busches waren abgefressen worden. Und da jedes Kind weiß, dass diese Beeren für Menschen unbekömmlich sind, musste es ein Tier gewesen sein… oder seine Beute!

Sein Herz begann immer lauter zu klopfen, je näher er der Höhle kam, in der er als Kind immer gespielt hatte, obwohl es ihm seine Mutter verboten hatte.

Sie war das perfekte Versteck für ein großes Wesen.

Die Höhle war riesig und trocken, gut belüftet und das Wichtigste: Sie war sehr schwer zu finden. Wenn es noch hier war, dann konnte es sich nur dort verstecken.

Fynn wusste, dass er alleine gegen ein ausgewachsenes Männchen keine Chance hatte. Selbst bei einem Weibchen würde es schwer werden, es zu fangen.

Aber er wollte es weder fangen, noch erlegen.

Er wollte es nur sehen und vielleicht sogar kurz berühren. Und als Beweis für die Anderen, würde er eine Schuppe mitbringen.

Sie verloren immer ein paar Schuppen, wenn sie irgendwo geschlafen hatten, weil sie sich im Schlaf bewegen.

Fynn blieb stehen und horchte. Er war nun ganz in der Nähe der Höhle.

Die Sonne war schon untergegangen, aber es war noch hell genug. Er schlich um einen Felsvorsprung und fixierte dann eine kleine Gruppe von Bäumen, die sich mit ihren Wurzeln verzweifelt an dem nackten Felsen festhielten.

Sie hatten nur sehr wenige Blätter und ihre Stämme waren dünn. Kein Vergleich zu den Jahrhunderte alten Bäumen unten im Tal. Aber das war gut.

Niemand würde auf die Idee kommen, dass sich hinter diesen mickrigen Ästchen eine riesige Höhle verbirgt.

Fynn entdeckte ein paar abgeknickte Zweige und das Laub, das unter den Bäumen lag, sah aus, als hätte ein langer Schwanz es an einigen Stellen zu Seite geschoben.

Und er sah noch etwas.

Etwas glitzerte schwach in dem immer dunkler werdenden Licht vor der Höhle.

Eine Schuppe. Also doch!

Fynn war so aufgeregt, dass er seine Hände an seinem Lederwams abwischen musste, bevor er sie aufhob.

Er schob sie in seine Tasche, die er immer bei sich trug. Dann zog er ein paar Äste zur Seite und betrat eine Welt voller Schatten.

Es dauerte eine Weile, bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten.

Vor seinem geistigen Auge sah er die Höhle mit all ihren Gängen und Winkeln vor sich. Er kannte sie, wie seine Westentasche. Er würde sich im Schlaf hier zurechtfinden.

Es gab nur einen Raum, der groß genug wäre für dieses große Wesen.

Er ging leise in den Gang ganz links. Fast sofort endete dieser wieder und mündete in einen sehr großen Raum.

Fynn lauschte.

Er vernahm leises, tiefes und regelmäßiges Atmen. Es schlief also bereits.

Der Junge konnte einen dunklen Berg in der Mitte des Raumes ausmachen, der sich bei jedem Atemzug leicht auf und ab bewegte.

Fynn ging auf ihn zu. Dann war er so nah dran, dass er nur die Hand ausstrecken musste, um ihn zu berühren.

Langsam hob er die Hand, legte sie auf die warmen Schuppen und strich darüber. Was für ein wundervolles Wesen es doch war, dieser Drache…

Fynn wanderte einmal um ihn herum und konnte es immer noch nicht fassen, dass er tatsächlich einen Drachen berührte. Das war nur wenigen Menschen vergönnt. Drachen waren wie Vögel, kam man ihnen zu nah, flogen sie schneller weg, als man ‚Warte doch!’ rufen konnte.

Der Größe nach zu urteilen musste es ein Männchen sein.

Er kniete sich neben den Kopf und streichelte ihn sacht, um ihn nicht aufzuwecken.

Plötzlich waren da keine Schuppen mehr, er fühlte eine warme Flüssigkeit.

Er hob die Hand vor seine Nase und roch daran. Aber er konnte nichts riechen.

Dann leckte er vorsichtig etwas davon von seinen Fingern.

Es schmeckte wie sehr guter und alter Wein.

So etwas hatte Fynn erst einmal gekostet.

Als kleines Kind hatte sein Vater mal eine Flasche mit silberner Flüssigkeit nach Hause gebracht. Fynn wollte sie probieren, doch sein Vater verbot es ihm. ‚Diese Köstlichkeit ist für den Fürsten, für den ich arbeite’, hatte er gesagt. Später hatte Fynn sie heimlich doch probiert. Sein Vater hatte ihn dabei erwischt und ausgeschimpft. Dann hatte er seinem Sohn erklärt, dass das eine seltene Flüssigkeit und sehr kostbar sei.

Es war Drachenblut.

‚Oh nein!’, dachte Fynn. Jetzt treffe ich mal auf einen Drachen, und dann ist er tot!

„Hey! Hey, lebst du noch?!“, flüsterte er ängstlich.

‚Oh bitte, das darf doch nicht wahr sein, bitte nicht!’, rief es in ihm.

Dann hörte er ein verschlafenes Knurren.

Der Kopf des Drachen hob sich und das Wesen blickte den Menschen an, der da vor ihm kniete.

„Gott sei Dank, du lebst“, sagte Fynn.

Der Drache riss das Maul auf… und gähnte.

Dann schüttelte er den Kopf, dass die Schuppen klirrten.

„Warum hast du mich geweckt?“

Fynn fuhr zusammen. Woher kam diese Stimme? Es war eine seltsame Stimme, sie klang wie das Knarzen eines uralten Baumes. Er starrte den Drachen an.

Nein, das konnte unmöglich sein! Es ging einfach nicht!!

„D-du… kannst reden…?!“, stotterte er.

Der Drache seufzte. „Offensichtlich“, antwortete er.

„Oh…“ Mehr konnte Fynn nicht sagen. Sein Verstand war wie ausgeschaltet.

Nach einer Weile des Schweigens hatte er seine Stimme wieder gefunden: „Hast… hast du denn keine Angst vor mir?“

„Warum sollte ich?“

„Na, ich bin ein Mensch! Und wir Menschen jagen Deinesgleichen schon seit tausenden von Jahren!“

Der Drache lachte leise.

„Du allein bist keinerlei Bedrohung für mich, und wenn du mich hättest töten wollen, hättest du das getan, als ich noch geschlafen habe.

„Oh.“ Wieder wusste Fynn nicht, was er antworten sollte und eine weitere Weile des Schweigens folgte.

„Ich… ich habe dich geweckt, weil du am Kopf blutest“, erinnerte sich der Mensch auf einmal.

„Ach das. Das ist nicht weiter schlimm. Ihr Menschen könnt echt nicht zielen. Verzeih, wenn ich dir damit zu Nahe getreten bin.“

Der Drache hatte sich wieder hingelegt und putzte seine rechte Pfote.

Man merkte, dass er sich nicht im Geringsten vor dem Jungen, der immer noch vor ihm kniete, bedroht fühlte.

„Ich heiße übrigens Xankir.“

„Ah, … hm, … ich heiße Fynn und bin schon fast zwanzig Winter alt.“

„Sehr erfreut Fynn, ich bin bereits fünfhundert Winter alt.“

Fynn sperrte den Mund auf.

„Fünf… fünfhundert Winter?!“

Der Drache nickte erhaben.

‚Dagegen bin ich ja noch ein Baby…’, dachte der Junge leicht deprimiert.

„Aber die Anderen Drachen aus meinem Clan wollen mich trotzdem nicht dabei haben, wenn sie ausfliegen, um die Jäger auf eine falsche Fährte zu setzten um von unseren Verstecken wegzulocken!“, fuhr Xankir plötzlich zornig auf.

„Was? Wieso nicht, denken sie, dass du zu alt für solche Sachen bist?“, frage Fynn mitleidig.

Xankir schnaubte. „Von wegen zu alt, zu jung bin ich angeblich! Dabei sollte man meinen, dass fünfhundert Winter alt genug sind!!“

Fynn war verwirrt. „Zu… zu jung? Aber du bist fünfhundert! Das ist ein halbes Jahrtausend! Wie kommend die auf die Idee, dass das zu jung ist?! Wie alt sind denn diese anderen Drachen?“

„Nun ja, wenn ich ehrlich sein soll, sind fünfhundert Winter wirklich nicht gerade viel für einen Drachen“, gab Xankir zögernd zu. „Mein Vater war zwölftausenddreihundertvierundsiebzig Winter alt, als er gefangen und erlegt wurde. Und der Clanälteste ist zurzeit über zwanzigtausend Winter alt.“

Fynn war sprachlos.

„Wa-… aber… das… wie…? Zwanzigtausend Winter?!? Aber deine Stimme klingt, als wärst du schon super alt! Na ja, das bist du ja auch, aber du klingst, als wärst du ein alter Drache. Ich dachte, du wärst hier, weil du alt und krank bist, und weil du alleine sterben willst…“

„Alt und krank? Ich bin so jung, dass meine Hörner noch gar nicht richtig gewachsen sind. Hier, fühl mal!“, mit diesen Worten senkte Xankir den Hals und Fynn strich über seinen warmen, schuppigen Kopf. Als er an die Wunde kam, zuckte der Drache leicht zusammen und Fynn fuhr vorsichtig um sie herum. Dann spürte er zwei kleine, hornige Erhebungen.

„Ich fühle deine Hörner, sie sind schon da. Nun ja, etwas klein noch, aber das kommt sicher bald.“

„Denkst du das wirklich?!“, freute sich Xankir.

„Klar“, antwortete Fynn. „Wir haben viel gemeinsam, finde ich.“

„Was? Aber ich bin ein Drache und du bist ein Mensch! Wir haben nicht viel gemeinsam, wenn du mich fragst.“

„Doch“, sagte Fynn und erzählte dann dem neuen Freund seine Geschichte, von den Anderen im Dorf und dem angeberischen Nachbarsjungen.
 

Dies war der Beginn einer ungewöhnlichen Freundschaft.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Olschi
2007-04-22T12:22:51+00:00 22.04.2007 14:22
interessante Story, hach ich mag solche Märchenhaften Geschichten über Drachen und so. Sie sind sich ja wirklich ähnlich: beide zu jung und nicht akzeptiert *kicher* Der Drache ist ja "saujung"O.O


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