Geteiltes Leid oder Patienten wider Willen
15. Kapitel
Noch immer auf der Bank im Innenhof sitzend und den Geräuschen der Umgebung
lauschend, bemerkte Sirius wie sich ihm jemand näherte.
Es hatte durchaus seine Vorteile ein Animagus zu sein. So verfügte der
Gryffindor auch in seiner normalen Gestalt über ein sehr feines Hörvermögen.
Es war Dumbledore. Er begrüßte Sirius mit einer üblichen Floskel und setzte
sich neben ihn auf die Bank. Der Professor schaute den Animagus streng durch
seine halbmondförmigen Brillengläser an und sagte: "Du solltest dich lieber
wieder zurück in die Krankenstation begeben, Poppy macht schon das halbe
Schloss, auf der Suche nach dir, verrückt."
"Nur noch ein paar Minuten.", seufzte der Animagus.
Sirius wollte nicht wirklich zurück in den Krankenflügel und war daher dankbar
für jeden noch so kleinen Moment, den er außerhalb diesem verbringen konnte.
"Doch bevor du zu Poppy gehst...", warf der Schuldirektor ein "würde ich dich
bitten noch mit Severus zu sprechen. Ihr solltet einen Weg finden wie wir mit
Harry ungestört und ohne Dritte in Kontakt treten können. Schließlich müssen
wir ihm doch die freudige Nachricht mitteilen, dass du wieder unter den
Lebenden weilst.", sagte der Professor lächelnd.
Darüber hatte sich Sirius noch gar keine Gedanken gemacht, dazu war er zu
hibbelig in der Krankenstation gewesen. Erst hier im Innenhof von Hogwarts kam
er zur Ruhe.
"Ich werde mich darum kümmern.", sagte der Animagus entschlossen.
Er würde die Sache in die Hände nehmen auch wenn er dafür zu Snape musste.
Diesmal nahm er sich vor sich etwas zusammenzureißen damit er den
Tränkemeister nicht wieder auf 180 brachte.
Bereits im Gehen begriffen sagte Dumbledore zu Sirius: "Wenn ihr eine
Möglichkeit gefunden habt, dann kommt bitte umgehend in mein Büro."
Mit einem kurzen Nicken an den Schulleiter gewand, verschwand der ehemalige
Gryffindor in den Gängen Hogwarts.
Albus Dumbledore blickte Sirius besorgt hinterher, er konnte nur hoffen, dass
sich die beiden Streithähne irgendwie zusammenrauften. Sollte dies nicht der
Fall sein, dann würde es sehr schwer für die Beiden in der Zukunft werden,
grübelte der alte Zauberer. Des Weiteren stand noch die geheime Verhandlung im
Zauberministerium an. Bei dieser durfte der ehemalige Gryffindor selbst nicht
anwesend sein. Der Schulleiter wünschte sich, dass alles gut für den Animagus
laufen würde. Doch sicher konnte er sich da nicht sein.
Der Professor blieb noch etwas auf der Bank sitzen und lies sich die angenehme
Sommerbrise um den Bart wehen.
Voller Tatendrang lief Sirius durch die Kerker zu Snapes Büro. Die Hoffnung
sein Patenkind zu benachrichtigen und anschließend endlich wieder zu sehen
beherrschten seine Gedanken als er laut an der alten Eichentür klopfte.
Der Tränkemeister war nicht sonderlich überrascht gewesen als es an seiner Tür
klopfte, da er die Schritte schon von Weitem gehört hatte.
Auch jetzt zwei Stunden nach seinem "Test" konnte er noch immer nichts sehen.
Dafür funktionierten seine anderen Sinne umso besser.
In seinem Sessel hinter dem Schreibtisch sitzend nahm sich der Hauslehrer von
Slytherin eines der Bücher vom Tisch. Er tastete die Vorderseite des Buches
ab. Glücklicherweise handelte es sich um sehr altes Exemplar und der Titel war
aufwendig in dieses gestanzt. So stellte es für Snape kein Problem dar, das
Buch richtig herum in die Hände zu nehmen.
Der Tränkemeister tat so als würde er lesen und fragte in üblich schlecht
gelaunter Tonlage: " Wer ist da?"
Als ihm die Stimme von Black antwortete verhagelte dies vollends seine Laune.
"VERSCHWINDE!", zischte Snape zornig.
Er wollte sich jetzt nicht noch mit dem Gryffindor rumschlagen. Besonders
nicht, wenn er in der schlechteren Position war und seine derzeitige Blindheit
war eindeutig ein Nachteil.
Doch in diesem Moment hatte Sirius auch schon die Tür geöffnet und trat in das
Büro des Tränkemeisters ein.
"Ich habe jetzt keine Zeit für deine schlechte Laune!", sagte der Animagus
entschlossen und stieß mit beiden Händen flach auf den soliden Schreibtisch
des Slytherin, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen.
Dieser schaute dabei nicht einmal auf, es machte eher den Eindruck als wäre er
überhaupt nicht überrascht.
Der Tränkemeister fühlte sich gar nicht wohl in seiner Haut. Doch dies wusste
er gekonnt unter seiner Maske zu verstecken, um sich nichts anmerken zu
lassen. Wenn seine vorübergehende Blindheit, wovon Snape immer noch ausging,
einen Vorteil hatte, dann dass seine Augen zur Zeit so emotionslos wie nur
irgend möglich aussahen.
Sich zwischenzeitlich etwas beruhigt setzte sich Sirius auf einen Stuhl
gegenüber dem Sessel in welchem der Tränkemeister saß, den Schreibtisch
zwischen ihnen.
Der Slytherin las augenscheinlich noch immer in dem alten Buch und fragte den
ehemaligen Gryffindor dabei:
"Was willst du?"
"Professor Dumbledore möchte, dass WIR - Sirius sprach dieses Wort besonders
abschätzig aus - einen Weg finden mit Harry in Kontakt zu treten ohne
eventuelle Mithörer."
"Irgendwelche Ideen?", fragte Snape so uninteressiert wie möglich.
"Nun, ich hatte zwei Spiegel...", begann der Animagus.
"Einer befindet sich in meinem Besitz.", sagte der Tränkemeister wie
beiläufig.
Sein Gegenüber schnappte nach Luft, und dachte darüber nach wie ausgerechnet
der Slytherin in den Besitz eines der Spiegel kam.
Hatte ihn dieser etwa im Hauptquartier des Phönixordens gefunden?, mutmaßte
Sirius.
"Wo ist er?", fragte der Gryffindor aufgebracht.
"Dort drüben im Regal, viertes Fach von oben.", sagte Snape und zeigte in
Richtung des Regals ohne dabei vom Buch auf zusehen.
Die völlige Ruhe des Slytherin brachte den Animagus so auf, dass er sich das
Buch des Giftmischers schnappte und mit der noch freien Hand Snape am Kragen
packte.
"Wenn das alles so furchtbar uninteressant ist, dann...", schrie Sirius zornig
und stockte abrupt als er in die ausdruckslosen Augen des Tränkemeisters sah.
"Verdammt!", dachte Snape.
Black hatte ihn kalt erwischt.
Das was er seit dem Eintreten des Gryffindors befürchtet hatte.
Zwar hörte er wie der Pate von Potter um den Schreitisch gelaufen kam, doch
das musste er auch, um sich den Spiegel im Regal zu holen. Was der Slytherin
schlicht und einfach angenommen hatte.
Jetzt hielt ihn Black am Kragen fest und starrte ihn höchstwahrscheinlich an.
"W...was ist mit deinen Augen passiert?", fragte Sirius verwirrt und Sorge lag
in seiner Stimme.
"Nichts was dich etwas anginge.", sagte Snape schnippisch und verengte dabei
ärgerlich seine Augen.
Seinen Ohren nicht trauend blickte der Animagus den Tränkemeister fassungslos
an. Dieser war anscheinend blind und alles was der Slytherin äußerte war, dass
es ihn nichts angehen würde.
Jetzt konnte sich Sirius revanchieren, schließlich hatte Snape ihn
zurückgeholt.
Auf jeden Fall mussten die Augen des Tränkemeisters untersucht werden.
Bevor der Slytherin ein weiteres Wort von sich geben konnte, nahm der
Gryffindor dessen rechten Arm mit den Worten: "Und ob es mich etwas angeht!"
und ging mit diesem zum Krankenflügel.
Snape war erleichtert als Black sich seinen Arm schnappte und ihn in die
Krankenstation bringen wollte. So musste er sich wenigstens keine Gedanken
mehr darüber machen.
Nach wenigen Minuten hatten sie den Krankenflügel erreicht und Sirius sah sich
einer aufgebrachten Madame Pomfrey gegenüber.
"Sirius! Sofort wieder in dein Bett!", sagte diese in barschem Ton.
"Sofort nachdem du dich um Snape gekümmert hast.", erwiderte dieser.
Verwirrt schaute Poppy auf Severus und fragte was mit ihm sei.
"Etwas stimmt nicht mit seinen Augen.", sagte der Animagus und trollte sich
zurück in sein Bett.
Nachdem sie die Krankenstation erreichten, war der Tränkemeister stehen
geblieben als Black den Griff um seinen Arm gelöst und losgelassen hatte. Er
wollte nicht gegen irgendwelche Sachen stoßen oder sich die Blöße gegenüber
anderen geben.
Poppy stand direkt vor ihm und fragte ob er etwas sehen konnte.
"Hätte ich mich sonst von Black hierher führen lassen?", antwortete Snape
bissig.
"Gut, dann setzen wir dich erst mal auf einen Stuhl.", sagte Madame Pomfrey
und bugsierte den Slytherin auf einen alten Holzstuhl.
Danach musste der Tränkemeister eine langwierige Untersuchung über sich
ergehen lassen. Das Resultat war, dass Snape glücklicherweise nur
vorübergehend nichts sehen konnte. Doch wie lange die Genesung dauern würde,
konnte Poppy kaum abschätzen, da ihr der Trank gänzlich unbekannt war. Und der
Hauslehrer der Slytherin hatte nicht vor ihr etwas davon zu erzählen.
Madame Pomfrey gab ihm einen Trank, den er zweimal am Tag einnehmen sollte, um
die Heilung zu beschleunigen.
"Für heute bleibst du hier...und keine Widerrede!", sagte Poppy energisch und
lotste Snape in ein freies Bett gleich neben Black.
So verbrachten Beide den Rest des Tages in der Krankenstation stets unter den
wachsamen Augen von Madame Pomfrey.
So im Bett liegend kam der Slytherin ins Grübeln. Besonders was passieren
würde, wenn der dunkle Lord ihn jetzt und in den nächsten Tagen zu sich rufen
sollte. Seine derzeitige Blindheit zu erklären würde nicht einfach werden, vom
Bestehen des Trankes, welcher diese verursachte hatte, ganz zu schweigen. So
fiel der Tränkemeister in einen unruhigen Schlaf.
Nach nur wenigen Stunden Schlaf, wachte Snape wie gerädert auf. Erst nach
einigen Sekunden bemerkte er, dass er sich im Krankenflügel und nicht in
seinen Privaträumen befand. Sehen konnte er noch nichts und so tastete er nach
seiner Kleidung, die auf einem Stuhl neben seinem Bett lag.
Zur Zeit trug er nur ein weißes Hemd und die schwarze lange Stoffhose. Es
stellte sich als beinahe unmöglich heraus seine schwarze Weste anzuziehen. Die
Knöpfe gaben kaum nach und der Slytherin zerschund sich, bei dem Versuch diese
zu öffnen, die Finger.
Leise fluchend hatte der Tränkemeister fast die Hälfte der Knöpfe geöffnet als
ihm jemand leise die Weste wegnahm und sich daran machte die restlichen Knöpfe
zu öffnen.
"Verdammt! Black gib mir sofort meine Weste wieder.", schimpfte Snape dem
ungebetenen Helfer entgegen.
"Aber, aber spricht man so mit seinem Meister?", flüsterte eine hohe kalte
Stimme.
Dem Slytherin gefror das Blut in den Adern. Diese Stimme würde er unter
Hunderten heraushören.
Aber wie war der dunkle Lord nur nach Hogwarts gekommen?
"Meine Macht wächst Severus. Du tätest gut daran dir zu überlegen auf wessen
Seite du stehst und ob du mit den Konsequenzen leben kannst, die sich daraus
ergeben."
Snape zuckte zusammen, wusste der dunkle Lord etwa wie weit er für Dumbledore
schon gegangen war?
Es würde kein Zurück mehr für ihn geben, wenn Voldemort alle Einzelheiten
kannte.
"Vergiss nicht, ich beobachte dich. Ein falscher Schritt und du warst die
längste Zeit Todesser!"
Diese Drohung bedeutete, dass der Tränkemeister sterben würde, falls er nicht
auf der Seite des dunklen Lords stand, denn Todesser war man auf Lebenszeit.
So plötzlich wie Voldemort aufgetaucht war, verschwand er auch wieder. Einen
sichtlich beunruhigten Snape zurück lassend.
Im nächsten Moment griffen Arme nach ihm und der Slytherin schreckte
schweißgebadet aus dem Alptraum auf.