Dumbledores Strafe
12. Kapitel
Snape verspürte keinerlei Interesse dem Schulleiter Hogwarts in irgendeiner
Weise Rechenschaft abzulegen. Dementsprechend gereizt entgegnete er diesem:
"Ich bin ihnen keine Erklärung schuldig, wenn sie mich jetzt entschuldigen
würden, die letzten Tage waren sehr anstrengend. Des Weiteren wartet noch ein
Trank auf Fertigstellung.".
Der Tränkemeister wartete keine Antwort ab, sondern lies Dumbledore einfach
stehen und ging Richtung Kerker.
Erleichtert endlich wieder in seinen Privaträumen zu sein, duschte sich Snape
und nahm anschließend einen Tee zu sich. Erfrischt und zur Ruhe gekommen,
dachte er über die Begebenheiten der letzten Tage nach.
Wie hatten sie nur durch den Zauber ausgerechnet auf die Insel von Drear
kommen können? Und weshalb war sein Arm so schnell genesen?
Etwa durch den einfachen Genesungszauber von Black? Aber hatte McEdins nicht
Alles versucht und war schließlich gescheitert. Wie hatte es dann Black
schaffen können?
Es schien Snape undenkbar, dass ein einfacher Zauber den Arm geheilt hatte.
Dennoch erschien es die einleuchtendeste Erklärung, da Black in dem Moment
geheilt war als der Tränkemeister ihm einen Genesungstrank verabreichte.
War die Lösung etwas so simpel?
Er grübelte noch ein wenig über dem Thema, entschloss sich dann aber sich dem
unfertigen Trank, wessen Fertigstellung er vor einigen Tagen unterbrochen
hatte, zu widmen. Nun konnte er sich wieder voll und ganz mit diesem Gebiet
beschäftigen.
Seltsamerweise ging ihm der ehemalige Gryffindor nicht mehr aus dem Kopf.
Was würde jetzt mit diesem geschehen? War Dumbledore in der Lage die Situation
zu bewältigen?
Er versuchte diese Gedanken zu verscheuchen. Snape sagte sich selbst, dass es
nicht länger sein Problem war, was mit Black geschehen würde.
Doch würde man ihn jetzt nach Askaban zurückschicken, wären die gesamten
Anstrengungen des Tränkemeisters umsonst gewesen.
Konnte er das zulassen?
Nein!
Er beschloss mit Dumbledore und Black darüber zu reden.
Aber nicht heute.
Snape war hundemüde und völlig erschöpft.
Den Verlust seines Zauberstabes noch immer bedauernd ging er zu Bett.
Nun er würde sich eben einen Neuen kaufen müssen. Der Tränkemeister hatte sehr
an seinem Zauberstab gehangen und ihn dementsprechend gepflegt.
Es war das einzigste Geschenk welches ihm seine Eltern je gemacht hatten.
Am nächsten Morgen wachte Snape erholt auf. Seinem üblichen morgendlichen
Ritual folgend, stand er auf, wusch sich und kämmte sich die fettigen Fransen
aus dem Gesicht. Auch wenn man es dem Tränkemeister nicht ansah, er wusch
seine Haare praktisch jeden Abend. Nur leider war am nächsten Morgen davon
nicht mehr viel zu sehen.
Doch was interessierte es Snape was andere von ihm dachten.
Nachdem er sich in die übliche schwarze Kleidung gehüllt hatte, ging der
Tränkemeister in die große Halle und setzte sich an den Lehrertisch.
Da in den Sommerferien keine Schüler in Hogwarts waren, aßen die wenigen noch
in der Schule gebliebenen Lehrer wie üblich am Lehrertisch.
Die Hauselfen hatten bereits den Tisch gedeckt.
Snape setzte sich. Er war der Erste am Tisch, doch er wartete nicht mit dem
Essen und schenkte sich etwas Tee in seinen Becher.
Kurz darauf traten McGonagall und Dumbledore heftig diskutierend in die große
Halle.
Das Thema ihres Gespräches konnte sich der Tränkemeister denken.
Es war die Rückkehr von Sirius Black.
Als beide Snape erblickten, beendeten sie ihr Gespräch abrupt und Dumbledore
begrüßte ihn mit einem freundlichen: "Guten Morgen, Severus!".
Minerva McGonagall folgte seinem Beispiel und tat es ihm gleich.
Snape bedachte beide mit einem schwachen Kopfnicken und wandte sich dann
wieder seinem Frühstück zu.
Während des Essens unterhielt sich der Tränkemeister nur selten. Dafür redeten
Dumbledore und McGonagall neben ihm schon fast auffällig viel an diesem
Morgen. Wobei sie stets vermieden das Thema Sirius Black anzuschneiden und
sich stattdessen etwas zu angeregt über Belanglosigkeiten wie zum Beispiel das
Wetter unterhielten.
Wohl wissend, das Beide ihn mit neugierigen Blicken beinahe durchbohrten. Nahm
Snape seinen letzten Schluck Tee aus dem Becher, wandte sich an beide
Professoren und fragte bereits leicht gereizt: "Also. Was wollen Sie wissen?".
Überrascht und erfreut über die sich ihm bietende Chance ergriff der
Schulleiter Hogwarts das Wort.
"Wie hast du es geschafft Sirius Black so schnell wieder zurückzubringen?"
Über die Frage war Snape wenig überrascht. Aber was sollte "so schnell"
bedeuten?
"Was soll das heißen?" fragte der Tränkemeister etwas verdutzt "Ich war
beinahe eine ganze Woche nicht in Hogwarts."
Nun war Dumbledore etwas verwirrt und äußerte: "Aber du bist doch gestern
Vormittag noch hier gewesen." unsicher.
Insgeheim hatte Snape sich so etwas schon gedacht, da ihn keiner auf seine
lange Abwesenheit hin angesprochen hatte. Vermutlich gehörte dies genauso zu
dem komplexen Zauber wie die Tatsache, dass nur er hatte Black heilen können
und umgekehrt.
Der Zauber schien weitreichende Nebenwirkungen aufzuweisen und der
Tränkemeister hoffte, dass es nicht noch mehr werden würde.
Doch in dieser Hinsicht wurde seine Hoffnung nicht erfüllt.
Über die Antwort von Snape nachdenkend, stellte Dumbledore die wohl wichtigste
Frage: "Was für einen Zauber hast du eingesetzt?".
Auf diese Frage hatte Snape gewartet und er stand einfach auf.
Als er zu Dumbledore sah, hätte der Tränkemeister schwören können ein
wissendes Blitzen in den Augen des Schulleiters gesehen zu haben.
Doch da er ohnehin nicht mehr in der Stimmung für ein Frage-Antwort-Spiel war,
ignorierte er diese Frage einfach.
Für Snape stand unbestritten fest, dass Dumbledore zu den weisesten Zauberern
gehörte. Aber bisweilen konnte er mit seiner Redseligkeit sehr unangenehm
werden, besonders für den Tränkemeister.
Bevor sich Snape vom Tisch entfernen konnte, hielt Dumbledore ihn mit einer
Handbewegung zurück.
"Severus...?" setzte er ernst an "ich begrüße es durchaus, dass du Sirius Black
zurückgebracht hast. Dennoch hättest du es vorher mit mir besprechen können."
"Jedoch gilt er immer noch als verurteilter Mörder und so lange muss er hier
versteckt bleiben.", fügte der Schulleiter sachlich hinzu.
Und in einem Ton, welcher keinen Widerspruch duldete, sagte er: "Da du Sirius
gerettet hast..." er sprach dieses Wort mit einem unheimlich vorwurfsvollem
Ton aus "wirst du dich bis auf weiteres um ihn kümmern."
"Ich werde morgen im Zaubererministerium die Sache mit dem Minister
besprechen."
Ohne ein weiteres Wort stand Dumbledore auf und verlies die große Halle.
Erstarrt stand Severus Snape am Lehrertisch.
Er hatte, selbst wenn er gewollt hätte, nicht widersprechen können. Der
Tränkemeister war sprachlos vor Entsetzen.
Gestern sah es noch so aus als wäre das Problem Black nicht mehr seines.
Und jetzt das!
All die Strapazen, welche er auf sich genommen hatte. Nur um den Paten von
Potter wieder in die Welt der Zauberer zurückzubringen und das war jetzt der
Dank dafür?
Oder vielmehr die Quittung.
Dafür, dass er Dumbledore nicht informiert hatte.
Den Tisch endlich verlassend ging Snape Richtung Krankenflügel. Er hatte eine
Stinkwut im Bauch und hoffte innerlich, dass Blacks Wunden schwer genug waren,
um noch länger in der Krankenstation zu bleiben.
"Falls nicht, werde ich selbst dafür sorgen, dass er für immer dort bleibt.",
dachte Snape zornig.
Im Krankenflügel angekommen, hielt der Tränkemeister Ausschau nach Poppy. Doch
sie war nirgends zu sehen. Die zugezogenen Vorhänge am Ende des Raumes zogen
Snapes Aufmerksamkeit auf sich. Vermutlich befand sich Black dahinter. Der
Tränkemeister näherte sich diesen, um sich persönlich von dem hoffentlich
schlechten Gesundheitszustand des ehemaligen Gryffindors zu überzeugen.
Nachdem er einen der Vorhänge aufgezogen hatte, sah er Black immer noch
bewusstlos wie dieser auf dem Bauch liegen eine Unmenge von Verbänden auf dem
Rücken trug. Diese strahlten jedoch nicht in ihrem ursprünglichem Weiß sondern
schimmerten in leichtem Rot.
Sie waren schon beinahe durchgeblutet und Snape wunderte sich, weshalb Poppy
sich nicht darum gekümmert hatte. Die Wunden mussten wirklich sehr tief sein
und die Freude, dass Black wohl noch eine Weile hier bleiben würde, wollte
sich nicht einstellen.
Ganz im Gegenteil war der Tränkemeister ernstlich besorgt. In der kurzen Zeit
in der er auf die Verbände beblickt hatte, verfärbten diese sich immer mehr
Richtung Dunkelrot.
Snape hoffte inständig, dass Poppy bald auftauchte, sonst verblutete Black ihm
trotz Verbänden noch.
Er sah sich Hilfesuchend im Raum um, da fielen ihm zwei Zauberstäbe auf dem
kleinen Nachtisch neben ihm auf. Beide genauer betrachtend, stellte Snape
erstaunt fest, dass einer der Zauberstäbe sein Eigener - schon verloren
geglaubter - war. Vorsichtig nahm er ihn an sich und verstaute diesen
sorgfältig in seiner Umhangtasche. Alte Angewohnheiten waren eben nur sehr
schwer abzulegen.
In diesem Moment betrat Poppy schwer atmend und sichtlich aufgeregt die
Krankenstation.
"Severus! Gott sein Dank. Ich habe dich schon überall gesucht.", sagte diese
aufgebracht und doch etwas erleichtert.
Ungerührt sah Snape auf und richtete seine Aufmerksamkeit auf Poppy.
"Ich brauche dringend einige deiner blutstillenden Tränke, ich habe meinen
gesamten Vorrat aufgebraucht und die Wunden von Sirius wollen einfach nicht
aufhören zu bluten."
"Den gesamten Vorrat?", wiederholte Snape ruhig und zog eine Augenbraue nach
oben.
Dieser bestand aus über 20 Phiolen und reichte normalerweise für eine sehr
lange Zeit aus.
"Ich werde dir neue Phiolen bringen." sagte der Tränkemeister schlicht.
"Wie viele?"
"So viele wie du hast!", äußerte Poppy etwas zu forsch.
Ohne weitere Umschweife machte sich Snape auf den Weg. Kurz bevor er die
Krankenstation verlies, fragte Poppy aufgeregt: "Was hat ihn so zugerichtet,
Severus?".
Die Augen des Tränkemeister verengten sich zu Schlitzen.
"Ein Quintaped!", entgegnete er unfreundlich und verschwand in den Gängen
Hogwarts.
Eine völlig verdutzte Madame Pomfrey zurücklassend.