Do Mae`e von Leuchtender_Mond ([dt. Der Weg nach vorne]) ================================================================================ Kapitel 1: //Ichi// Uke-Waza ---------------------------- Uke-Waza = Gruppe aller Block- und Abwehrtechniken Ungeduldig klopfte er mit den Fingern auf die Theke. Er müsste doch gleich kommen! Er war doch sonst immer so pünktlich! Fahrig fuhr er sich mit den Fingern durch die Haare. Diese standen in alle Richtungen ab und waren dreifarbig. Aber als wären schwarz – lila – blonde Haare noch nicht auffällig genug trugen auch seine Augen dazu bei, dass er viele Blicke auf sich lenkte. Seine Augen nämlich waren rot. Nicht dieses stierrot, dass man manchmal auf schlecht gemachten Photos hatte, nein, seine Augen waren rot wie Rubine und sie konnten ebenso edel strahlen und funkeln, das war von seiner Stimmung abhängig. Man konnte also durchaus sagen, dass Atemu seine relativ geringe Größe durch sein Äußeres wettmachte. Durch seine ägyptische Herkunft war seine Haut auch im tiefsten Winter gut gebräunt, seine Mitarbeiterinnen und auch die Kundinnen warfen ihm bewundernde Blicke zu, weil er im Frühling schon gut gebräunt war. Doch Atemu beachtete die Blicke der Frauen nicht. Überhaupt beachtete er die Frauen nicht, nicht in diesem speziellen Sinne zumindest. Denn dies war auch der Grund, warum er jetzt so ungeduldig wartete. Wartete auf einen Mann. Auf einen Mann, in den er sich schon vor Monaten verliebt hatte. Nur, dass dieser Mann es nicht wusste. Atemu hatte nie den Mut aufgebracht, es ihm zu sagen. So freute er sich nur Tag um Tag auf seine Besuche in seiner Bäckerei, wo er jeden Mittag hinkam um verschiedene süße Gebäcke zu kaufen. Atemu lebte praktisch für diese Augenblicke, in denen er ihn sehen konnte, ihn, den er so liebte. Mittlerweile hatte er es ein paar mal geschafft, mit ihm ins Gespräch zu kommen, hatte herausgefunden, dass er mit Nachnamen Mutou hieß, aber viel mehr auch nicht, es wäre zu auffällig gewesen. So bewahrte er nur alles, was er über ihn wusste in seinem Herzen auf. Seinen Namen, sein Aussehen – dem Eigenen so ähnlich – den Klang seiner Stimme, seinen Geruch, den er über den Geruch der Backwaren herausfilterte. Ungeduldig wartete Atemu Tag um Tag, er hasste die Sonntage, an denen er ihn nicht sehen konnte, weil seine Bäckerei dann geschlossen hatte. Und er starrte die Uhr an, wenn er auch nur eine Minute zu spät kam, so wie jetzt. Dabei war er erst zwei Minuten überfällig, aber Atemu kam dies wie eine Ewigkeit vor. Sofort begann er, sich ziemliche Sorgen zu machen. War er vielleicht krank geworden? Oder war ihm sonst irgendetwas zugestoßen? Atemu wusste, dass seine Sorgen kindisch und dumm waren, dennoch ließen sie sich nicht vertreiben. So wanderte sein Blick unruhig zwischen der Uhr und der Türe hin und her. Schon zweieinhalb Minuten zu spät! Atemu spürte erste Entzugserscheinungen, der Schweiß brach ihm aus. Schnell wischte er ihn fort, denn wenn Herr Mutou kam wollte er doch gut aussehen, auch, wenn er wusste, dass er für ihn nie mehr als der Inhaber und Bäckermeister dieser Bäckerei sein würde. Dennoch, der Gedanke, nicht mehr von ihm gemocht zu werden war unerträglich und täglich fürchtete er, ihn eines Tages gar nicht mehr durch die Tür der Bäckerei kommen zu sehen, das freundliche Lächeln auf den Lippen, zum Küssen wie geschaffen. Nervös wanderte sein Blick zur Tür – und hellte sich dann erleichtert und freudig auf, als er die Gestalt erkannte, die durch den leichten Sommerregen auf die Bäckerei zuhastete, den leuchtend orangefarbenen Schirm schützend über den Kopf gehalten. Da war er ja, jener, den er so sehr liebte, auf den er gewartete hatte und der sein Herz schneller schlagen ließ. Und der es wohl nie erfahren würde, dazu hatte er ja doch nicht den Mut. Der Gedanke machte ihn unsagbar traurig, doch er schob ihn rasch beiseite, als die Glöckchen über der Tür klingelten und Atemu in die Augen wie Amethysten blicken konnte, die aus dem ebenso vertrauten wie geliebten Gesicht zu ihm blickten. You can’t see the shadows in my daydreams You won’t feel the torture in my mind Baby you won’t realize I’m lost in scary thoughts At night – when I feel blind Sein Schatz schüttelte den Schirm kurz aus, ehe er zur Theke kam, den Blick automatisch Atemu zugewandt, die anderen Frauen an der Theke ließen sich zurücksinken, während Atemu sein strahlendstes Lächeln aufsetzte und Yuugi ansah. Die übliche Floskel kam leicht über seine Lippen, es gab ihm Sicherheit, sich in vertrauten Bahnen zu bewegen, aber gerne hätte er mehr gesagt, viel mehr, als dieses schnöde „Was kann ich für Sie tun?“. Sein Gegenüber ließ sich Zeit, mit der Antwort, sorgfältig studierte er die Auslagen, wobei sein Blick immer wieder zu Atemu zurück huschte, wohl um zu sehen, ob dieser nicht genervt sei, weil sein Kunde so lange brauchte. Aber Atemu hatte überhaupt nichts gegen diese Entscheidungsschwierigkeiten einwenden, bedeutete dies doch, dass er ihn länger um sich hatte. Er war felsenfest davon überzeugt, seinen Duft über die Theke und den darauf liegenden Köstlichkeiten hinweg wahrnehmen zu können. Ob es Einbildung war oder nicht, Atemu gefiel der Gedanke und er atmete tief ein und aus, um möglichst viel von diesem Duft in sich aufnehmen zu können. „Ähm...“, machte sein Kunde und Atemu zuckte beim Klang seiner Stimme wohlig zusammen. Dann aber spitzte er die Ohren, um ja jeden noch so leisen Laut seiner Stimme zu vernehmen. „Ich hätte gerne etwas hiervon... von diesen... ähm...“ Auf der Suche nach dem Wort ruderte er mit den Armen in Richtung der Auslagen und Atemu beeilte sich, seinen Wünschen nachzukommen, ohne ihn dabei allzu auffällig anzustarren. Was konnte er, Atemu, denn auch dafür, dass sein Schatz heute so zum Anbeißen aussah? Seine Kleidung war nass vom Regen und klebte an seiner Haut, malte jedes noch so kleine Detail seines Körpers ab, gab es Atemus’ hungrigen Augen preis, der den Anblick in sich aufsog. Er war sehr klein, noch ein wenig kleiner als Atemu, hatte aber auffällig lange Beine und auch sein Hals war lang und schwanenähnlich. Seine Finger waren feingliedrig, seine Haut wie Porzellan. Seine Ohren waren klein, sehr niedlich. Auch seine Nase fand Atemu äußerst süß, stupsnasenähnlich. Die Lippen dagegen waren fein geschwungen und voll, Atemu musste oft an sich halten, um nicht einfach über den Tresen hinweg nach ihm zu greifen und diese unsagbar süß aussehenden Lippen zu versiegeln. Bisher hatte er sich beherrschen können, aber es wurde von Tag zu Tag schwerer. In seine Augen zu blicken machte es da auch nicht leichter. Diese nämlich waren groß, wirklich groß, sie hatten etwas von einem Reh, etwas sanftes und unschuldiges. Dazu noch dieses Leuchten, diese Augen leuchteten eigentlich immer, abhängig von Lichteinfall und dessen Stimmung mehr oder weniger. Man konnte immer in seinen Augen lesen, sie offenbarten beinahe alles und sie sprachen ständig. Von Lebensfreude, von Eis im Sommer und Erdbeeren mit Schokolade. Zum Glück nur selten von Dingen wie Trauer, Verzweiflung und Rosenkohl. Atemu versuchte, nicht in diese Augen zu sehen, denn er wusste, dass er es nicht allzu lange konnte, ohne die Kontrolle über seinen Körper und vor allem seine Gedanken zu verlieren. Doch dies bedeutete heute, dass er auf den Rest dieses hinreißenden Körpers’ starrte, der sich ihm so verführerisch gab. Er konnte die Abzeichnung der Muskeln unter dem regennassen Stoff sehen, jeden Muskel, wenn er sich bewegte und vor allem – der Himmel behüte! – dieser süße Hintern in der viel zu engen geilen Hose. ’Cos you never ever gotta know my love All I hide inside What is creeping through my soul? What is tryin’ to take control? Babe it’s true you Never ever gotta go that far You can find a key to the secrets of my heart All you gotta know is I Got to get you Atemu schnappte unwillkürlich nach Luft. Das war fast zuviel für ihn. Er zwang sich, ruhig zu atmen und sah seinen Kunden mit einem leutseligen Lächeln an, abwartend, was er haben wolle. Dieser also wählte noch vier weitere Süßigkeiten und nickte dann, zum Zeichen, dass dies alles sei. Atemu derweil prägte sich genau ein, wie das Gesicht seines Schatzes aus welchem Winkel betrachtet aussah und wie sich die Haut unter welchem Lichteinfall färbte. Er hatte tausende von Zeichnungen und Skizzen von ihm bei sich zu Hause, doch keine reichte an das Original heran, egal wie viel Mühe er sich gab. So waren sie nur ein schwacher Schatten der Wahrheit, doch sie trösteten Atemu durch die langen, einsamen Nächte. Dann saß er unter der Dachschräge seines Schlafzimmers, gleich unter dem Fenster, so dass das silbrige Mondlicht auf ihn fiel, während er da saß, lächelnd, und weinend zugleich. Lächelnd, denn der Gedanke an seinen Schatz konnte nur ein guter Gedanke sein, aber auch weinend, denn nie, nie würde er es wissen. Und Atemu hasste sich für seine Schwäche, und konnte es doch nicht ändern. So tippte er jetzt rasch in die Kasse ein und erklärte seinem Schatz dann, wie viel er ihm schuldig sei, immer noch leutselig lächelnd, während ihm das Herz blutete, wünschte er doch, diese störende Theke sei nicht zwischen ihnen. Sein Gegenüber jedoch wusste von alledem nichts – natürlich, schalt Atemu sich, wieso sollte er auch? – und erwiderte sein Lächeln, kramte dann in seinem Portmonee um Atemu das Geld zu reichen. Er wurde rot, weil er so lange brauchte, ehe er das Geld beisammen hatte. Atemu fand allerdings, er hätte ruhig noch ein wenig länger brauchen können. So nutzte er die kurze Zeit, die ihm blieb und beobachtete mit klopfendem Herzen und einem verträumten Lächeln auf den Lippen die Röte, die die Wangen seines Kunden zierte. Kurz berührten sich ihre Hände, als das Geld den Besitzer wechselte und Atemu hätte vieles, sehr viel, darum gegeben, die Zeit anhalten zu können. So aber ging der wundervolle Moment viel zu schnell vorüber und Atemu vermisste schmerzlich die warme Haut auf seiner. Da aber hatte sein Liebster bereits mit einer schwungvollen Bewegung die verpackten Backwaren von der Theke genommen und war mit einem letzten Lächeln in Richtung Atemu und einem über die Schulter gerufenen „Auf Wiedersehen!“ verschwunden. „Auf Wiedersehen!“, murmelte Atemu leise und starrte ihm hinterher, ein wehmütiges Lächeln im Gesicht und eine Woge der Einsamkeit schlug über ihm zusammen, während er das Gefühl hatte, grade einem Engel begegnet zu sein. Er starrte zum Fenster heraus, wo eine kleine Gestalt, schwer bepackt mit der Last der Gebäcke sich ihren Weg durch die Straße bahnte, dann abbog und Atemus’ Blickfeld entschwand. See me as an angel you could fall for See me as the virgin you could try Baby just imagine I’m a wild thing you could tame Feel fine – living with lies Was Atemu aber nicht wusste war, dass Yuugi keinesfalls so wenig in ihm sah, wie er glaubte. Während er die Straße entlangging und aufpasste, dass die Gebäcke nicht herunterfielen, waren seine Gedanken voll von ihm. In Gedanken an jenen Mann, dem seit Jahr und Tag sein Herz gehörte, aber nichts davon wusste, versunken schlenderte er die Straßen herab. Der Duft der süßen Backwaren lockte ihn nicht im mindesten. Er mochte gar nichts Süßes, er hatte noch nie so sehr Schokolade gemocht, viel eher Obst. Dennoch ging er jeden Tag in die Bäckerei um dort einzukaufen, er wusste gar nicht, wie viel Geld er dort schon gelassen hatte. Aber er wollte es auch nicht ändern. Die Süßwaren bekamen seine Kollegen aus dem Reisebüro, aber Yuugi selbst aß nichts davon. Ihm genügte es, wenn er Atemu sehen konnte. Das genügte, das war alles, was er wollte. Redete er sich ein. Warum nur konnte er es nicht sagen, was war daran so schwer? Nur diese drei Worte. Aber die Angst, zurückgewiesen zu werden war viel zu groß. Was, wenn Atemu ihn dann nicht mehr sehen wollte? Nein, sicher war es besser, wenn Atemu nie davon wüsste. Wenn er ihn einfach nur stumm aus der Ferne anbetete und liebte. Yuugi seufzte und registrierte, dass es immer noch regnete, wenn auch nicht mehr so schlimm wie eben. Er beschleunigte seine Schritte um dem kalten Nass zu entkommen und bog in die nächste Straße ein. Es war nicht mehr weit, er sah das Reisebüro, in dem er arbeitete, schon vor sich auftauchen und eilte rasch darauf zu, um dem Regen zu entkommen. Ein paar Schritte nur, dann stieß er die Tür auf und hastete ins Trockene, begleitete von dem leisen Glockenspiel des Türöffners. Wärme strömte über sein Gesicht, als hätte man ihn in ein warmes Bad getaucht und Yuugi blickte lächelnd in drei bekannte Gesichter. „Hallo, da bin ich wieder.“, begrüßte er seine Arbeitskollegen und Freunde. „Hey Yuugi!“, kam es auch sogleich fröhlich von Jounouchi zurück, der aufsprang und das Schild an der Tür von „open“ auf „close“ änderte und somit offiziell den Beginn der Mittagspause einläutete. Auch die anderen begrüßten Yuugi, Tristan und Ryou hatten noch vor den PCs gesessen und gearbeitet, nun jedoch machten sich die drei mit Heißhunger über die von Yuugi mitgebrachten Leckereien her, als dieser das Papier mit den Worten „Fütterung der Wölfe!“ von den Süßigkeiten zog. Mit einem wissenden Grinsen beobachtete er seine Freunde während er selbst eine Orange zu schälen begann. Er hielt wirklich große Stücke auf seine Freunde, sie verstanden ihn und hielten zu ihm. Nur ihnen hatte er von seiner Flamme erzählt und sie hatten sehr zu seiner Erleichterung nicht gelacht. Nein, im Gegenteil hatten sie ihn nur ermutigt und ihm geraten, doch mit Atemu – er hatte einmal gehört, wie seine Arbeitskollegen ihn so nannten und seitdem war er der Ansicht, es könne auf der Welt keinen Schöneren Namen geben – zu reden. ’Cos you never ever gotta know my love… Yuugi aber hatte sich geweigert, hatte ihnen von seiner Angst erzählt, und von den Qualen, die ihm dies bereitete. Und auch hier war es seinen Freunden zu gute zu halten, dass sie nicht gelacht hatten. Sie hatten versuchten den Untröstlichen zu trösten, hatten ihm gut zugesprochen und versucht, ihn irgendwie abzulenken, doch Yuugi wollte gar nicht abgelenkt werden, er wollte und konnte Atemu nicht vergessen, viel zu süß war die Qual, die ihm sein täglicher Anblick bereitete. Und so ging er weiter jeden Tag in die Bäckerei, sah ihn weiterhin jeden Tag und hörte weder auf seine Freunde noch auf seinen gesunden Menschenverstand, der ihm eigentlich hätte sagen sollen, dass das, was er tat, ihn ganz kaputt machte. Von alledem wollte er nichts wissen. Er wusste nicht, was schlimmer war, Atemu jeden Tag zu sehen und zu wissen, dass da nie etwas geschehen würde, oder ihn nie wieder sehen zu können. Er seufzte und starrte seine Orange an, als sei sie persönlich für sein Unglück verantwortlich. Viel zu lange ging das schon so, doch was sollte er denn tun? Ihm fehlte ganz einfach der Mut. Erneut seufzend warf er den kümmerlichen Rest der Orange fort, ihm war der Appetit vergangen. Mit einem wehmütigen Lächeln beobachtete er, wie seine Freunde sich lauthals lachend über den Kuchen, den er ihnen mitgebracht hatte, hermachten, scherzten und sich neckten. Er wünschte, er könne auch noch einmal so unbesorgt sein, doch er wünschte sich mehr noch als seine Freunde Atemu an seine Seite. Welch unmöglicher Traum... Baby you may know I’ll never cheat you You know my love is true I hope you won’t find out I hope you’ll never know What I – do know about you Mit einem traurigen Lächeln sah Yuugi in den Regen. Es war Sonntag, also konnte er Atemu heute nicht sehen. Er krümmte sich zusammen, schlang die Arme um den Körper und hoffte auf diese Weise zu verhindern, dass er in seine Bestandteile zerfiel. Er hasste Sonntage, doch dafür liebte er den Regen. Der Regen war das einzige, was ihn dazu brachte aufrecht zu gehen, weil er ihm die Tränen vom Gesicht wusch, wenn er nur den Kopf hob. Yuugi stand schon lange so da, vor seiner Haustüre im Regen, den Kopf in den Nacken gelegt. Es war nicht besonders kalt, immerhin war ja Sommer, auch, wenn der ständig anhaltende Regen nicht dazu angetan war, dieses Gefühl zu bestärken. Vielmehr hatte man das Gefühl, es sei später Herbst und Yuugi zog die Schultern hoch. Zu dem Schluss gekommen, dass er schon viel zu lange hier draußen herumstand dreht er sich wieder um und betrat den Flur, ging die beiden Treppen hoch und schloss dann die Türe zu seiner Mietwohnung auf. Er wohnte erst seit einem halben Jahr hier, da war er bei seinem Großvater ausgezogen, nicht, weil sie sich nicht mehr verstanden hätten, aber weil Yuugi der Ansicht war, dass es für ihn einfach an der Zeit wäre. Und außerdem spukte der unerfüllte Traum in seinem Kopf herum, eines Tages Atemu mit hierher nehmen zu können. Doch als er die Wohnung betrat war sie leer. Yuugi tat einen Seufzer, schleppte sich ins Wohnzimmer und sank als kleines Häufchen Elend auf der Couch zusammen. Er hätte duschen gehen sollen, schon allein, um sich nicht zu erkälten, aber er hatte nicht die Kraft, aufzustehen. So blieb er sitzen, oder eher halb liegen, weinte sich in den Schlaf und wachte erst um drei Uhr in der Nacht wieder auf – mit einem schrecklichen Brennen in der Kehle und der niederschmetternden Erkenntnis, dass er sich wohl erkältet habe, was bedeutete, er konnte nicht zur Arbeit und – das eigentliche Malheur – Atemu nicht sehen. Er hätte heulen mögen, vor Wut auf sich selbst, schimpfte sich dann einen Narren und schleppte sich in sein Schlafzimmer. Er war ja selbst schuld, was stand er auch so lange im Regen herum? Ärgerlich war es trotzdem. Er fragte sich, ob es ihm wohl möglich sein würde, einen weiteren Tag ohne Atemu zu überstehen, kam aber zu dem Schluss, das dies äußerst fraglich sei. So lag er in der Dunkelheit seines Schlafzimmers auf dem Bett, immer noch vollständig angezogen und befand endlich, dass seine Freunde doch recht gehabt hatten und er endlich aufhören sollte, Atemu hinterherzutrauern. Es brachte ihm doch nichts als Leid. Sicherlich hatte er eine Freundin oder so, wie er aussah bestimmt. Er war doch genau der Typ gutaussehender Mann, die sich vor Verehrerinnen gar nicht retten konnten. Eventuell war er sogar ein Playboy. In diesem Fall sollte er froh sein, nie an ihn geraten zu sein. Ja natürlich, sicherlich. Er sah doch genauso aus wie ein Latin-Lover. Diese Kerle waren von der ganz schlimmen Sorte; durchtrieben und so weiter. Yuugi lächelte in die Dunkelheit. Er wusste genau, egal wie viele Märchen er sich erzählen würde, in seinen Augen bliebe Atemu immer der wundervolle Mann, den er so sehr liebte und von dem er auch nicht so schnell loskommen würde. Und das tat weh, so unendlich weh. Er krümmte sich zusammen und schluchzte, erst leise, dann lauter werdend. Warum? Oh, warum nur? Warum musste er sich in einen Mann verlieben? Warum in diesen Mann? Die Chance, ebenfalls von ihm geliebt zu werden lag irgendwo unter null. Er vermisste ihn so schmerzlich, er bildete sich ein, seine Stimme zu hören, seinen Geruch riechen zu können, ihn vor sich zu sehen, seine Haut auf der seinen zu spüren. Er schrie laut auf vor Schmerz. Warum tat Liebe so weh? Es brachte alles nichts, er musste vergessen, wenn er nicht daran zugrunde gehen wollte. Auch das würde weh tun, sehr weh tun, das wusste er. Aber es war die einzige Möglichkeit. Irgendwo, in einem kleinen Winkel seines Herzens würde er immer an Atemu denken, aber er durfte nicht davon beherrscht werden. Wie er das schaffen sollte war ihm zwar schleierhaft, aber er würde es versuchen. Nach außen hin würde er niemals mehr diese Liebe zeigen. Niemals mehr... ’Cos you never ever gotta gotta know Der Mond, den Yuugi in dieser Nacht anstarrte, ehe er irgendwann von seinen Tränen in den Schlaf gewiegt wurde war der gleiche, der auch Atemu leuchtete, während dieser unter seinem Fenster sitzend saß und mal wieder Yuugi zeichnete. Er war so froh, dass dieser Tag nun vorüber war, dass morgen Montag war und er wieder zur Arbeit konnte und zu seiner mysteriösen Liebe, die bisher ohne Vornamen geblieben war. Er seufzte und starrte das fast fertige Bild vor sich an. Mal wieder war er der Ansicht, es treffe die Realität in keinster Weise, ein schwacher Abklatsch des Engels. Heute noch weiterzuzeichnen brachte jedoch wenig. Er musste gleich los wenn er die Straßenbahn noch bekommen wollte um rechtzeitig bei seiner Bäckerei zu sein. Er stand vorsichtig auf und schüttelte seine steifen Glieder [sollte ich so tun als wüsste ich nicht, wie zweideutig das klingt? ... ach, glaubt mir ja doch keiner -.-“] bevor er durch seine Wohnung hastete, sich im Vorbeigehen die Jacke von der Gardarobe schnappte und dann rasch die Treppen hinunterstürzte und das Haus verließ. Doch trotz aller Eile und der Pünktlichkeit, mit der er in der Bäckerei auftauchte hätte er sich all’ dies schenken können, fand Atemu einige Stunden später. Er stand in der Bäckerei, hinter dem Verkaufstresen, sein Schatz war schon eine Dreiviertelstunde zu spät und Atemu glaubte nicht, dass er heute noch auftauchen würde. Mit der Entschuldigung, er müsse auf die Toilette zog Atemu sich aus dem Verkaufsraum zurück, schloss sich in der Toilette ein und atmete tief durch. Wer hätte gedacht, dass es so weh tun würde, seinen Schatz zu entbehren? Natürlich, irgendwo gewusst hatte er es, aber er hatte nicht mit dieser Woge des Schmerzes gerechnet, mit diesem Gefühl, ihm sei der Boden unter den Füßen fortgerissen worden und er stürze ins Endlose. Er fiel auf die Knie und blieb lange so hocken, fragte sich, was er tun solle. Er wollte doch für ihn da sein, wollte doch so gerne mit ihm zusammensein, mehr als alles andere wünschte er sich dies. Doch dies wäre nur unter einer einzigen Vorraussetzung möglich – nämlich, dass er es ihm endlich sagte. Mit tränennassem Gesicht blickte er auf. Wenn er das nächste mal in diese Bäckerei kam so würde er es ihm sagen, würde ihm seine Liebe gestehen, aller möglichen negativen Konsequenzen zum Trotz und seine wohl einzige Chance nutzen. Never ever gotta know my love All I hide inside What is creeping through my soul? What is tryin’ to take control? Babe it’s true you Never ever gotta go that far You can find a key to the secrets of my heart All you gotta know is I Got to get you Schluss mit den Geheimnissen, er musste es ihm sagen. Fast schiene es, als lächle er ein wenig und schwungvoll stand er wieder auf. Er war beinahe euphorisch, als er wieder zurück hinter den Tresen trat und sich rasch die Tränen rasch von den Wangen wischte. Morgen. Gleich morgen wenn er ihn wiedersähe würde er es ihm sagen. Zuversichtlich blickte er noch vorne, mit einem Gefühl in der Brust, als könne er Berge versetzten und einfach alles schaffen, wenn er nur daran glaubte. Als er an diesem Abend die Türe der Bäckerei verschloss hatte die Euphorie immer noch nicht abgenommen und während er in der Straßenbahn saß summte er leise ein Lied aus einem seiner Lieblingsfilme vor sich hin: Drivin’ around I just can’t hear a sound ’Cept my own wheels turnin’ Wastin’ a day I’m just runnin’ away From a heart that’s burnin’ But I can’t run forever Yes We’re gonna fall in love And it feels so right Yes We’re gonna make love It’s gonna be tonight I can just imagine Huggin’ and teasin’ Lovin’ and sqeezin’ all night I’ve made up my mind He’s gonna be mine I’m so glad I waited Why did I try To figure out why Everything can’t be anticipated I can’t wait to tell him Yes We’re gonna fall in love And it feels so right Yes We’re gonna make love It’s gonna be tonight I can just imagine Huggin’ and teasin’ Lovin’ and sqeezin’ all night Die Straßenbahn hielt an, Atemu schlug die Augen auf, sein Blick war verträumt und er brauchte ein wenig um sich zu orientieren, zurück in die Realität zu finden und aufzutauchen aus seinen Träumereien von seinem kleinen Schatz und sich selbst in ... irgendwelchen nicht jugendfreien Stellungen. Dann aber sprang er hastig auf und schaffte es grade noch rechtzeitig aus der Straßenbahn heraus, bevor diese weiterfuhr. Als er an diesem Abend in seinem Bett lag und durch das große Fenster in der Dachschräge direkt in den von blitzenden und blinkenden Sternen übersäten Himmel sah, war er immer noch voll der Zuversicht und Vorfreude auf den nächsten Tag. Ebendiese Freude jedoch sollte am nächsten Tag einen jähen Dämpfer erhalten. Auch an diesem Tag nämlich musste er seinen Schatz entbehren und Atemus’ Sorge wuchs auf Grund dieser Entwicklung der Umstände zusehends. War er aber jetzt schon besorgt, war dies nichts im Vergleich zu dem depressivem Zustand, in dem er sich am Samstagabend befand. Eine ganze Woche! Atemu überprüfte sicherheitshalber seinen Puls um sich davon zu überzeugen, dass er noch lebte, kam aber zu dem Schluss, dass dies noch nicht so ganz erwiesen sei. Sein Herz raste vor Sorge, einige Minuten später aber schlug es wahnsinnig langsam, zog sich schmerzhaft zusammen, während seine Phantasie völlig außer Kontrolle geriet und ihm eine Horrorgeschichte nach der anderen lieferte, was geschehen sein könnte. Er schlief äußerst schlecht in dieser Nacht. Als er am Montagmorgen in der Bäckerei stand hätte seine Laune nicht schlimmer sein können. Er hörte und sah nichts mehr von seinem Schatz. Die Sorge um ihn wuchs und wuchs beständig, aber auch noch eine andere Angst kroch in ihm hoch, nämlich die, ihn für immer verloren zu haben. Er machte sich schwere Vorwürfe, nicht früher den Mut aufgebracht zu haben, mit ihm zu sprechen, doch nun war es nun einmal geschehen und alles was – wäre – wenn war müßig. Er verzweifelte. to be continued... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)